Pointe in Augsburg: Video-Technik entscheidet Retro-Spiel

von Marcel Breuer | dpa10:09 Uhr | 21.10.2018
Es war d-i-e Pointe an einem ganz speziellen Fußball-Nachmittag für den FC Augsburg. Das fand auch FCA-Coach Manuel Baum.

«Dass uns am Retrospieltag der Videobeweis hilft, einen Punkt zu behalten, ist interessant», sinnierte Baum nach dem zähen 0:0 gegen RB Leipzig, das einen bemerkenswerten äußeren Rahmen hatte, dem Publikum aber auf dem Rasen nur eine wilde Bolzerei bescherte.

Alles in Augsburg war am Samstag anlässlich des 111. Jahrestages des ersten Spiels des FCA-Vorgängervereins FC Alemannia am 20. Oktober 1907 auf Retro getrimmt. Im Oldtimer-Bus war die Mannschaft zum Stadion gefahren. In Retro-Trikots liefen die FCA-Profis auf. Und dann sorgte ausgerechnet ein technisches Hilfsmittel der Neuzeit bei einer korrigierten Elfmeterentscheidung dafür, dass die Party der Gastgeber nicht durch eine Niederlage gegen den in Augsburg ganz und gar nicht gemochten Red-Bull-Club aus Sachsen zerstört wurde.

Der XXL-Videobeweis war das große Thema. Eine Ewigkeit von mehr als vier Minuten dauerte es, bis Schiedsrichter Tobias Welz und die Videoassistenten im Kölner Keller ermittelt hatten, dass bei dem Angriff, der mit einem Elfmeterpfiff endete, der Leipziger Youssuf Poulsen bei einem Zuspiel vor dem Foul von FCA-Verteidiger Jeffrey Gouweleeuw an Nationalstürmer Timo Werner im Abseits stand.

«Es hat ziemlich lange gedauert», räumte Schiedsrichter Welz ein. Er unterbrach die Überprüfung der Szene am Spielfeldrand sogar, um die Teamkapitäne davon zu unterrichten, dass nach der Foul- auch noch die Abseitsfrage geklärt werden musste. «Die Kollegen in Köln haben das akribisch gemacht. Wichtig ist, dass das Spiel nicht durch eine übersehene Abseitsstellung entschieden wurde», sagte Welz. «Wir sind am Ende froh. Sicherheit geht vor Schnelligkeit.» Der Zweikampf Gouweleeuw gegen Werner war für ihn nämlich «elfmeterwürdig».



Nicht nur RB-Coach Ralf Rangnick, ein Befürworter des Videobeweises, nervte die rekordverdächtige Dauer der Entscheidungsfindung: «Vier Minuten, bei aller Liebe! Irgendwann dauert's sechs Minuten. Dann können die Spieler noch mal zum Warm-up in die Kabine gehen.»

Torwart Andreas Luthe, Augsburgs Bester, bestätigte Rangnick: «Ich musste mich fast wieder warmmachen, weil ich komplett raus war. Erst Elfmeter, dann Abseits, da bin ich nicht ganz mitgekommen. Ein Spiel lebt davon, dass es im Flow ist. Das war dann nicht mehr so.»

Tatsächlich schien der Stecker gezogen. Es rumpelte heftig auf dem Platz. Rennen, Körperkontakt, Fouls und Unterbrechungen prägten das Geschehen. Hinterher herrschte Einigkeit zwischen den Kontrahenten. «Fußballerisch war das gar nichts von beiden Mannschaften. Ich bin froh, dass es vorbei ist», äußerte Leipzigs Diego Demme.

«Von 22 Mann war es schlecht», meinte FCA-Profi Michael Gregoritsch: «So, wie die (Leipziger) spielen können, und so, wie wir spielen können, war's fast ein Skandal.» Alle Akteure müssten eigentlich über «Nackenschmerzen» klagen, bemerkte der Österreicher noch. Er zielte damit auf die Vielzahl von hohen Bällen, die hin und her flogen.


«Hier einen Punkt zu holen, ist in Ordnung», urteilte Rangnick. Auch wenn das Chancen-Plus für sein Team sprach, das den vierten Sieg am Stück verpasste. «Um zu gewinnen, hätten wir mehr Präzision und Spielwitz haben müssen», meinte Rangnick. Beide Teams ähneln sich halt sehr mit ihrem intensiven Pressingstil. Gregoritsch ordnete Augsburgs besonderen Retro-Tag am Ende gut ein: «Wenn das ganze Rundherum nicht gewesen wäre, wäre es heute gar nichts gewesen.»

(dpa)

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