Braunschweiger Scherbenhaufen - Diskussionen um Lieberknecht

von Marcel Breuer | dpa13:33 Uhr | 14.05.2018
Zukunft offen: Braunschweig-Coach Torsten Lieberknecht (l). Foto: Frank Molter
Am Tag nach dem nie für möglich gehaltenen Abstieg in die 3. Liga blieb der Trainingsplatz an der Hamburger Straße leer. Die Fußballer von Eintracht Braunschweig ließen sich am Montag nicht mehr auf dem Gelände des abgestürzten Traditionsclubs blicken.

Dafür berieten in der Geschäftsstelle die Verantwortlichen über das weitere Vorgehen und die erst einmal wichtigste Frage: Darf Torsten Lieberknecht den Neuanfang gestalten oder ist die Zeit des Braunschweiger Kult-Trainers nach zehn Jahren abgelaufen?

Vieles spricht dafür, dass sich die Wege trennen. Schon während der Saison hatte es deutliche Dissonanzen zwischen dem Coach und den Bossen gegeben. Doch letztendlich hielten die Entscheider um Aufsichtsratsboss Sebastian Ebel, Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt und den ebenfalls heftig in die Kritik geratenen Sportdirektor Marc Arnold bis zum (bitteren) Ende an Lieberknecht fest.

Dabei hatte sich längst angedeutet, dass der 44-Jährige dem völlig verunsicherten Team nicht mehr die nötigen Impulse geben konnte. Beim 2:6 in Kiel fiel die Eintracht am Sonntag dann völlig in sich zusammen, das siebte sieglose Spiel in Serie bedeutete das Aus in Liga zwei. «Das ist eine der schwärzesten Stunden in den zehn Jahren hier», sagte Lieberknecht nach dem Debakel, das den Niedergang besiegelte.



Der Ex-Profi unter anderem in Kaiserslautern, Mainz und Braunschweig kann auf eine bewegte Zeit beim BTSV zurückblicken. 2013 gelang der Aufstieg in die Bundesliga, auch der Erfolgscoach weckte in diesen Zeiten Begehrlichkeiten. Lieberknecht blieb aber in Braunschweig und erreichte bei den Anhängern Kultstatus.

Doch mit dem knapp und sehr unglücklich in der Relegation gegen den VfL Wolfsburg verpassten Aufstieg in die Bundesliga vor einem Jahr begann der Braunschweiger Absturz. Lieberknecht und Arnold versäumten es, den Kader zu erneuern. Die späte Planungssicherheit nach dem verpassten Aufstieg und die Niedergeschlagenheit erschwerten die Rückkehr in den Zweitliga-Alltag. Zwar wurde die Eintracht vor der Saison von vielen erneut als Aufstiegskandidat gehandelt, doch die Qualität der Spieler gab das nicht her. Auch Lieberknecht wirkte nicht mehr so impulsiv und mitreißend wie in all den Jahren zuvor.

Zudem erkannten die Verantwortlichen viel zu spät, dass das Team in rasender Geschwindigkeit auf die Drittklassigkeit zu rauschte. So steht die Eintracht nun vor einem Scherbenhaufen. Kaum ein wichtiger Spieler aus dem aktuellen Kader hat einen Vertrag für Liga drei, auch finanziell bedeutet der Abstieg erhebliche Einbußen. «Wirtschaftlich ist das eine Katastrophe», sagte Ebel. Rund 20 Millionen Euro kostet den Club der Abstieg. Es wird ein langer Weg zurück für den deutschen Meister von 1967. Ob mit oder ohne Lieberknecht.

(dpa)

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