Heute vor 22 Jahren: Der Torfall von Madrid

von Jean-Pascal Ostermeier | sid11:51 Uhr | 01.04.2020
Sportjournalist Marcel Reif muss improvisieren
Das Estadio Santiago Bernabeu in Madrid hat viele legendäre Fußballspiele erlebt. Aber auch ein ganz außergewöhnliches am 1. April 1998, als vor Beginn des Halbfinalduells zwischen Real Madrid und Borussia Dortmund in der Champions League ein Tor umfiel, und sich eine Handvoll Verzweifelte als Hobby-Handwerker versuchten.

Unterdessen improvisierten Günther Jauch und Marcel Reif bei der RTL-Live-Übertragung während der Wartezeit mit einer Moderations-Glanzleistung, die später unter anderem mit dem Grimme-Preis bedacht wurde.

Dass dieser 1. April 1998 in die Fußball-Geschichte eingehen sollte, war den übermütigen Real-Fans zu "verdanken". Die heißblütigsten Anhänger der Königlichen waren schon vor dem Spiel derart außer Rand und Band, dass ein Schutzzaun, an dem das Tor befestigt war, in Richtung Zuschauerränge abknickte und das Torgehäuse mit umriss.

Es folgten skurrile Szenen. Der Schiedsrichter schickte die Mannschaften zurück in die Kabine, Helfer versuchten irgendwie, das Tor zu reparieren - vergebens. Ein Ersatztor war im weltberühmten Bernabeu nicht aufzutreiben, also musste eines vom Trainingsgelände Reals her.



Mit einem Kastenwagen und unter Mithilfe der Fans konnte das Tor dann schließlich beschafft werden, das Spiel begann mit 76-minütiger Verspätung. Real gewann mit Trainer Jupp Heynckes 2:0, ein paar Wochen später gelang der Mannschaft von "Don Jupp" der Sieg in der Königsklasse.

Jauch und Reif liefen während der Unterbrechung zur journalistischen Höchstform auf. Es fielen Sätze wie "Noch nie hätte ein Tor einem Spiel so gutgetan" (Reif) oder auch "Das erste Tor ist schon gefallen" (Jauch).

"Ich weiß, dass ich damals die ersten fünf Minuten irgendeinen Stuss dahergeredet habe, weil ich nicht wahrhaben wollte, dass das Tor umfällt", erinnerte sich Reif später. Beide erhielten später auch den Bayerischen Fernsehpreis.


Die Fernsehzuschauer fühlten sich offenbar bestens unterhalten. 12,76 Millionen Zuschauer waren während der Unterbrechung dabei, beim eigentlichen Spiel hingegen nur noch sechs Millionen...

Die Schiedsrichter hören zu wenig auf ihren Bauch. […] Wir werden oft auch darauf programmiert du darfst nur das pfeifen, was du siehst. Absoluter Quatsch. Du musst auch mal was pfeifen, was du nicht gesehen hast.

— Ex-Schiedsrichter Urs Meier.