Hohe Messlatte: Kovac vor Champions-League-Debüt

von Marcel Breuer | dpa12:43 Uhr | 17.09.2018
Den Fluch der guten Tat bekommt auch Niko Kovac gleich zu spüren.

Der neue Trainer des FC Bayern wird sich nach dem makellosen Saisonstart mit fünf Siegen in Supercup, DFB-Pokal und Fußball-Bundesliga, vor allem aber nach sechs Münchner Meistertiteln am Stück vor allem am Champions-League-Erfolg messen lassen müssen.

Und das als Novize: Am Mittwoch (21.00 Uhr) erlebt der 46 Jahre alte Kroate im Estádio da Luz gegen Benfica Lissabon seine Premiere als Trainer in Europas Königsklasse. Und gleich in der Debüt-Saison soll Kovac schaffen, was selbst einem Trainer-Großmeister wie Pep Guardiola in drei Münchner Jahren nicht glücken wollte: Die Bayern erstmals seit dem Titelgewinn 2013 wieder ins Endspiel zu führen.

Das Finale 2019 ist für Kovac aber noch weit entfernt. Er ist zunächst auf seinen ersten Königsklassen-Abend fixiert. «Natürlich freue ich mich darauf. Wir wollen in Lissabon ein gutes Ergebnis erzielen», sagte er. Idealerweise wäre das ein Sieg in Gruppe E, in der Ajax Amsterdam und AEK Athen die weiteren Münchner Gegner sind. Aber Kovac spürt auch, dass er Titelträume erfüllen soll: «Ich weiß, wie man hier denkt, wie man hier erfolgreich sein muss. Wir vom FC Bayern haben den Anspruch, auch international top zu sein.»

Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hat die Zielsetzung in diesem Sommer gleich mehrmals formuliert: «Wir wollen auch in der Champions League Großes erreichen.» Im Wortschatz des FC Bayern ist Großes gleichbedeutend mit Titelgewinn. Rummenigge erinnerte vor dem Neustart noch einmal an die vergangene Saison: «Mit viel Pech haben wir gegen Real Madrid das Finale verpasst.» Es war der vierte Halbfinal-K.o. in den vergangenen fünf Jahren. Allein dreimal scheiterte Pep Guardiola mit den Bayern kurz vor dem Ziel.



Über Guardiola, der mit dem FC Barcelona zweimal die Champions League gewann und inzwischen Manchester City trainiert, äußerte Kovac vor einem Testspielduell im Sommer in Miami: «Für mich persönlich ist Pep der weltbeste Trainer.» Vergleiche mit dem 47-jährigen Katalanen maße er sich darum nicht an: «Ich muss noch viel leisten, damit ich in die Nähe von Pep Guardiola komme.» Beim FC Bayern hat er die Chance dazu.

Kovac ernennt seine Mannschaft zwar nicht zum Titelfavoriten. Aber er hält seiner Kader, der vor Champions-League-Erfahrung nur so strotzt, für sehr stark. Thomas Müller etwa steht in Lissabon vor seinem 100. Einsatz in der Königsklasse. Der wachsenden Ü30-Gruppe um Franck Ribéry, Arjen Robben, Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Robert Lewandowski oder Javi Martínez läuft die Zeit langsam davon. Die Routiniers trauen ihrem neuen Chef jedenfalls Großes zu. «Niko hat die Persönlichkeit, um eine große Mannschaft zu trainieren», äußerte Ribéry (35) im «Kicker».

Kovac auf den Spuren von Jupp Heynckes? Das alljährliche Gerede vom Triple nervt den Nachfolger. Es kommt ihm viel zu früh. «Es gab einen Trainer, der hat alles geholt in Deutschland. Viele andere Trainer haben nicht drei Titel geholt», erinnert Kovac stets.

Die nationale Übermacht des FC Bayern führt jedoch dazu, dass sich in München sportlicher Erfolg fast nur noch im Wettbewerb mit Europas Topclubs von Real Madrid über Paris Saint-Germain und Juventus Turin bis hin zum FC Liverpool definiert. Das internationale Abschneiden bestimmt inzwischen auch die Vereinspolitik. Horrende Transfersummen konnte der Bundesliga-Krösus bislang vermeiden, weil man mit Europas Spitze konkurrieren konnte. Das erste Kovac-Jahr wird auch über die weitere Strategie entscheiden. «Wir sammeln im Moment ein bisschen Geld ein für den Fall, dass wir nächstes Jahr ein bisschen mehr ausgeben müssen», kündigte Präsident Uli Hoeneß jüngst an.

(dpa)

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Deutlich ging für mich der Ellenbogen zur Hand.

— Werner Hansch