Transferchance für Guardiola - «Waterloo» für UEFA

von Marcel Breuer | dpa14:47 Uhr | 14.07.2020
Die Europapokal-Sperre für Manchester City wurde durch den Cas aufgehoben. Foto: Martin Rickett/PA Wire/dpa
Gestärkt vom umstrittenen Europapokal-Freispruch darf sich Pep Guardiola bei Manchester City voraussichtlich schon wieder auf die nächste Millionen-Einkaufstour freuen.

Nur kurz nach der Verkündung des europaweit harsch kritisierten Cas-Urteils geriet in England bereits der bevorstehende mögliche Transferangriff mit Spekulationsobjekt David Alaba in den Fokus. Der Spanier dürfe nach der Aufhebung der Sperre für die Champions League mehr als 160 Millionen Euro ausgeben, berichtete der «Guardian». Hauptziel sei dabei unter anderem Alaba, den Guardiola bereits beim FC Bayern trainierte. Auch Guardiola selbst soll bald ein lukratives Angebot für eine Verlängerung seines bis 2021 laufenden Vertrags erhalten.

Besitzer und Sponsoren aus den Vereinigten Arabischen Emiraten dürfen sich mit ihrem Geschäftsmodell der milliardenschweren Alimentierung bestätigt fühlen. Gewichtiger als die Reduzierung der ursprünglichen Geldstrafe von 30 Millionen wird für City bei möglichen Transfergesprächen das Argument, sich weiter auf der Bühne der europäischen Königsklasse präsentieren zu dürfen.

Die Europäische Fußball-Union UEFA steht als Verlierer des Rechtsstreits hingegen vor der schweren Aufgabe, das ohnehin begrenzte Vertrauen in ihre Finanzregeln als Steuerungsinstrument zu retten. «Die Glaubwürdigkeit des Financial Fair Play (FFP) liegt in Trümmern», kommentierte die BBC.

Dass Manchester nur noch zehn Millionen Euro wegen mangelnder Kooperation im Verfahren zahlen muss, verstärkte zudem die verheerende Wirkung für die UEFA. Die Summe wirkt im Vergleich verschwindend gering: Seit Übernahme aus den Emiraten verbuchte City mehr als 1,6 Milliarden an Transferausgaben auf der Jagd nach dem ersehnten ersten Königsklassen-Titel. Die Einnahmen wie etwa durch den Verkauf von Leroy Sané an den FC Bayern München belaufen sich seitdem hingegen nur auf rund 550 Millionen.



«Ich bin wirklich fassungslos und total enttäuscht. Es ist eine Katastrophe, das Waterloo für die Sportregelwerke. Eine Strafe von zehn Millionen Euro ist einfach eine Lachnummer, das hätte man sich auch sparen können», sagte der Ex-Finanzchef der Deutschen Fußball Liga, Christian Müller, der «ARD Radio Recherche Sport».

Die begründete Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofs, deren Veröffentlichung der Cas «in wenigen Tagen» plant, könnte weitere Fragen beantworten. Der bisherige Verweis, dass die Vorwürfe durch die UEFA nicht bewiesen oder verjährt seien, bringt die unabhängige Finanzkontrollkammer in Erklärungsnot. Eine eigene Publikation der Anklageschrift könnte die UEFA aus dieser Verteidigungshaltung bringen. «Der europäische Fußballverband wird sich möglicherweise nie mehr von der Entscheidung des Cas erholen», schrieb der «Independent» und wertete das Urteil als «Katastrophe» für den Verband. «Die UEFA hat diesen Fall verpfuscht.»

Ein wirklicher Befreiungsschlag für die UEFA wäre aber wohl nur eine grundlegende Revision des vor einem Jahrzehnt genehmigten Financial Fair Plays. Die UEFA bleibe «verpflichtet», Clubs zu schützen und bei finanzieller Nachhaltigkeit zu helfen, teilte der Verband mit. Wegen der Folgen der Coronavirus-Pandemie sind die Maßgaben vorerst allerdings erstmal gelockert: Die Bewertung der Break-even-Vorschrift, nach der die Vereine grundsätzlich nicht mehr ausgeben dürfen als sie einnehmen, wurde um eine Saison verschoben.

Die Konsequenzen könnten dabei noch über einen Imageschaden für die UEFA hinausgehen. Der frühere Berater von Michel Platini sieht durch das Cas-Urteil sogar eine mögliche Abschreckung für Geldgeber. «Ich denke, dass es viel Bestürzung bei anderen Clubs geben wird», sagte William Gaillard, der zu Zeiten der Einführung des Financial Fair Play bei der UEFA tätig war. «Ein Besitzer, der im Fußball ist, weil er einen rechtmäßigen Profit machen will und dabei auf einen Wettbewerber trifft, der die tiefsten Taschen der Welt und unendlich viel Geld hat, ist unglaublich entmutigt. Wenn ich ein legitimer Investor wäre, würde ich mich aus dem Fußball zurückziehen.»


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(dpa)

Gefehlt hat das Tor. Wie so oft, wenn man keins schießt.

— Christoph Kramer