Die professionelle Vermarktung von Vereinen ist ein unverzichtbarer Bestandteil des modernen Fußballgeschäfts. Es geht dabei nicht mehr allein um Spieler, Leistungen und Titel – es geht um das Image, das ein Verein nach außen trägt. Hintergrund dieser Entwicklung ist auch eine veränderte Vorstellung des Markenbegriffs. Vereine als Marken Die weltweite Popularität des Fußballs mag viele, sehr unterschiedliche Gründe haben. Ganz sicher dazu gehören die Vermarktbarkeit, die optimalen Bedingungen für eine Kooperation der Vereine zahlreichen Sponsoren, die dadurch ihre Bekanntheit fördern und neue Zielgruppen erreichen wollen. Diese Entwicklung lässt sich über Jahrzehnte zurückverfolgen und hat den Grundstein dafür gelegt, dass die Vereine der Profiligen ihre Vermarktung heute professionell und strategisch angehen. Ein wichtiges Instrument im Wettbewerb um Fernsehgelder, Sponsoren und nicht zuletzt Anhänger: das Branding, also das Positionieren des Vereins als Marke.
Kommerzialisierung statt Tradition? Für viele Fußballromantiker stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob das alles notwendig sei. Den Verein als Marke zu verstehen, das scheint der Gipfel der Kommerzialisierung des bezahlten Fußballs. Kommerzialisierung statt Tradition. Ein Vorwurf, mit dem sich nicht nur viele Vereine konfrontiert sehen, sondern dem sich zuletzt auch wiederholt die Nationalmannschaft stellen musste. Die Inszenierung als „
Die Mannschaft“ seit dem WM-Titel 2014 in Brasilien hat immer wieder für Kritik gesorgt. Nicht zuletzt deshalb, weil die Marketingmaßnahmen nur wenig mit der fußballerischen Realität zu tun hatte. Aus der Nationalelf wurde aus Sicht vieler Kritiker ein Produkt, dem jedoch eine nachvollziehbare Identität fehlte.
Ein Effekt, vor dem viele Vereine Angst haben. Aber ungeachtet dessen, ob eine Entwicklung zur Marke notwendig ist, ist sie sicherlich nachvollziehbar. Fußballvereine sind moderne Wirtschaftsunternehmen in einer überaus umsatzträchtigen Branche. Um in diesem Spiel eine relevante Rolle einzunehmen, kommt man um die Einbeziehung von Sponsoren nicht herum. Und diese wollen Partner einer starken Marke sein.
Diesen Umstand erkannte bereits im Jahr
1973 der Verein Eintracht Braunschweig, der als erster Bundesligist die Front seiner Trikots einem Sponsor zur Verfügung stellte. Mit der Marke Jägermeister fand man damals einen Partner, der bereit war, 100.000 DM für diese revolutionäre Art der Werbung zu zahlen. Eine aus heutiger Sicht überaus bescheidene Summe wenn man bedenkt, dass die 18 Erstliga-Teams allein in der Saison 2017/2018 zusammen nahezu 190 Millionen Euro von ihren Trikotsponsoren erhielten.
Image ist alles Seit den 1970er Jahren haben die Bemühungen der Sponsorengewinnung eine enorme Entwicklung hingelegt. Heute ist kein Profiverein mehr ohne Hauptsponsor unterwegs. Durch gezielte Vermarktungsmechanismen versuchen die Vereine, im Rennen um Fernseh- und Sponsorengelder gegen die Konkurrenz bestehen. Die Weiterentwicklung zur Marke ist dabei ein logischer Schritt, denn so lässt sich der eigene Verein leichter auf der ganzen Welt positionieren. Geht das zwingend einher mit einem Ausverkauf dessen, wofür der Verein steht? Nicht unbedingt: Untrennbar mit der Marke verknüpft ist immer das Image des Vereins. Darin fließt maßgeblich die Identität ein, also das, was ihn schon früher für seine Fans so beliebt gemacht hat und was ihn von anderen Fußballclubs abhebt.
Das selbstbewusste „Mia san mia“ der Münchener Bayern ist vor diesem Hintergrund ein gutes Beispiel. Dieser Ausspruch ist ein Slogan, der einerseits das selbstbewusste und erfolgsorientierte Image des FCB widerspiegelt und zudem einen hohen Wiedererkennungswert bietet. Dieses Potential wurde bewusst in die Vermarktung des Rekordmeisters einbezogen und bildet heute eine wichtige Säule in der Außendarstellung.
Kürzlich wurde
sogar ein Film produziert, der dem legendäres Club-Motto der Münchner auf den Grund geht.
Ungeachtet der Tatsache, dass die Etablierung der Clubs als Marken aus Vereinssicht und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll ist, bleibt die Entwicklung natürlich nicht unproblematisch. Das gilt insbesondere dann, wenn die Marke sich zu weit von dem wegbewegt, was die eingefleischten Fans mit ihr verbinden. Hier muss das vereinseigene Markenmanagement sensibel vorgehen.
Markenmanagement: Strategisches Vorgehen im (inter)nationalen Wettbewerb Das Markenmanagement zielt darauf ab, geeignete Strategien zu finden und zu entwickeln, um die Konsumenten bestmöglich zu erreichen. Für traditionsorientierte Fans ist das der wahrscheinlich am deutlichsten sichtbare und deshalb am häufigsten kritisierte Ausdruck der Kommerzialisierung ihres Sports. Aus der Perspektive des hochgradig professionalisierten Fußballs, ist es jedoch ein notwendiger Schritt um die Markenentwicklung in geordnete Bahnen zu lenken.
Kooperationen zur Markenstärkung Ein wichtiges Mittel um die eigene Marke zu stärken, ist die Zusammenarbeit mit anderen Marken. Dieses Konzept
wird im Marketingbereich als Co-Branding bezeichnet und zielt darauf ab, durch Kooperationen Synergieeffekte für die Werbung zu generieren. Fortgeführt wird damit im Grunde das, was in den 1970er Jahren mit dem Trikotsponsoring begann. Dadurch wird die Reichweite der jeweiligen Marke erhöht, im Idealfall über den bisher erreichten Radius hinaus, so dass neue Kundengruppe angesprochen werden können. Gleichzeitig erleichtert die Emotionalität des Fußballumfelds die Ansprache der Verbraucher.
Neues Konsumentenverhalten verlangt neue Vermarktungsmechanismen Die Digitalisierung hat sich in den letzten Jahren nachhaltig auf das Verhalten der Konsumenten ausgewirkt. Heute werden Informationen nicht mehr nur konsumiert, sondern vor allem in den sozialen Medien in großer Menge kommentiert, kritisiert oder viral weiterverbreitet. Diese neuen Medienmechanismen verlangen von modernen Marken entsprechende Herangehensweisen. Kein Profiverein kann es sich heute leisten, nicht auf den großen Plattformen wie Facebook, Twitter, Instagram, YouTube oder Snapchat präsent zu sein. Hier werden
Neuigkeiten rund um die Mannschaft und den Verein verbreitet. Zudem bieten sich auch immer wieder Möglichkeiten für die Präsentation von Sponsoren, die den Wert der reichweitenstarken Medien zu schätzen wissen.
Markenmanagement mit und von Fußball Das Co-Branding lässt wiederum unterschiedliche Ausformungen der Kooperationen zu. Das hängt unter anderem davon ab, ob der Fußball das Vehikel für die Vermarktung etwa von Kleidung etc. ist, oder ob er im Mittelpunkt einer Marketingstrategie steht. Je nach Schwerpunktsetzung und Zielen entscheiden sich daran auch die Rollen, die die Partnermarken einnehmen. Das gemeinsame Ziel bleibt dabei immer, die beiden beteiligten Marken zu stärken.
Dies war auch der Hintergrund bei der Zusammenarbeit des FC Schalke 04 und dem Streaming-Dienst Maxdome. Die Kooperation rund um „Schalke 04 TV“
startete im Januar 2007. Die damalige Intention war es, zwei starke Marken in einem gemeinsamen Produkt zu bündeln: Hinter Schalke 04 TV stand ein Top-Club der 1. Bundesliga mit großer Anhängerschaft im gesamten Bundesgebiet und ein bekannter Streaming-Dienst, der damals noch kaum Konkurrenz auf dem deutschen Markt zu fürchten hatte. Eine erfolgversprechende Kombination.
Für Maxdome ergab sich die Möglichkeit, ein Fußballangebot jenseits des Marktführers Sky zu etablieren und damit gleichzeitig neue Kunden für das komplette Angebot zu gewinnen. Das Programm erstreckte sich außerdem über den üblichen Spielbetrieb am Wochenende hinaus und lieferte auch unter der Woche News und Hintergrundinformationen. Ein Angebot, das für viele Fans des FC Schalke ein attraktives Angebot darstellte.
Auch wenn die Zusammenarbeit langfristig keinen Bestand hatte, zeigt sie doch die enormen Potentiale auf. Aus diesem Grund schaffen es beispielsweise auch immer wieder Dokumentationen
über Spitzenvereine wie Borussia Dortmund oder Manchester City in den Streamingbereich. Diese Projekte sind im Unterschied zu Schalke 04 TV zwar kurzfristig angelegt, verfolgen letztendlich aber dieselben Ziele.
Sponsoringpartnerschaften: Zwischen Potenzial und Risiko Neben den Potenzialen einer Sponsoringpartnerschaft gilt es auch die Risiken zu kalkulieren. Die Wirkung auf das Image der beiden Parteien ist schließlich wechselseitig, was mitunter auch negative Auswirkungen haben kann. Ein Beispiel ist etwa die Zusammenarbeit zwischen
Werder Bremen und der Firma Wiesenhof. Als der Bundesliga-Club im Jahr 2012 das Lebensmittelunternehmen als neuen Trikotsponsor präsentierte, schlugen die Wellen unter Anhängerschaft der Bremer hoch. Die Befürchtung: Die Kritik an Wiesenhof wegen des Umgangs mit Tieren könne sich auf den Verein übertragen.
Die Verantwortlichen bei Werder gingen das Risiko letztlich dennoch ein und
verlängerten im Juli diesen Jahres sogar den Sponsorenvertrag vorzeitig um zwei weitere Jahre. Nach vereinseigenen Angaben wäre die Partnerschaft über zehn Jahre ein Rekord. Umstritten ist die Zusammenarbeit unter den Fans dennoch und hat innerhalb des Vereins nachhaltig für Misstöne gesorgt.
Dass die negativen Impulse auf das Image genauso von Seiten eines Fußballvereins ausgehen können, ließ sich im Frühjahr 2019 beim Chemnitzer FC beobachten. Im März wurde im Chemnitzer Stadion eine Trauerbekundung für Thomas Haller abgehalten, der als führendes Mitglied der lokalen Neonazi-Szene galt. Eine der Folgen dieses Vorkommnisses war der
Rückzug der Sparkasse Chemnitz, nachdem diese erst im Juli als Trikotsponsor vorgestellt worden war. Dies bedeutete das Ende einer Partnerschaft, die laut Vereinsseite bereits seit den 1990er Jahren bestand hatte. Mit dem ansässigen Unternehmen Chemnitzer Chemieanlagenbau nahm im Anschluss ein weiterer Sponsor des Vereins den Eklat im Stadion zum Anlass, um sich umgehend vom CFC zu distanzieren und die Zusammenarbeit aufzukündigen.
Wechselseitige Wirkungen im Sponsoring Beide Fälle zeigen, trotz der gänzlich unterschiedlichen Voraussetzungen, wie nah Potenzial und Risiko beim Co-Branding beieinanderliegen. Sogenannte
Spill-Over-Effekte beinhalten die Möglichkeit, das Image der eigenen Marke zu verändern und die Marke als solche neu zu positionieren. Allerdings wirken diese Effekte in beiden Richtungen. Eine schlechte Partnerwahl macht die eigene Brand im schlimmsten Fall unglaubwürdig, so dass die Verbraucher sich abwenden.
Markenidentität und Markenpersönlichkeit: „Mia san mia“ Im Zentrum einer funktionierenden Marke steht immer eine unverwechselbare Identität, die die Fans (emotional) bindet. Das ist unter anderem die Erklärung dafür, dass viele Bundesliga-Vereine auf der ganzen Welt verstreut Fan-Clubs haben – und dass sich die Anhänger bisweilen auch in „feindlichem“ Terrain finden lassen. Oft genug schlägt das Fan-Herz eben nicht für den lokalen Heimatverein, sondern für ein anderes Team. Die Markenidentität eines Fußballvereins ist mitverantwortlich dafür, dass es zu einer solchen Entscheidung kommt.
Was die Markenidentität beinhaltet Die Parallelen zwischen Wirtschaftsunternehmen und Vereinen sind dabei, so wenig das in die Sichtweise traditionsbewusster Fans passt, nicht von der Hand zu weisen. Ein Blick auf die Definition der Markenidentität macht das deutlich: Grundsätzlich umfasst sie alle jene Merkmale, die den Charakter einer Marke prägen. Das betrifft aber nicht allein die Außenwirkung. Zunächst geht es darum, wofür die Marke nach innen steht. Die Markenidentität entwickelt sich dann aus der Beziehung der internen Zielgruppe (übertragen auf den Fußball etwa Vereinsmitglieder, Funktionäre, Spieler) untereinander sowie der Beziehung zur externen Zielgruppe (z.B. die Fans).
Weniger abstrakt formuliert: Die Markenidentität entsteht in der Wechselwirkung zwischen Eigen- und Fremdbild, zwischen denjenigen, denen die Marke „gehört“ auf der einen, und denjenigen, die sich für die Marke interessieren auf der anderen Seite.
Woraus die Markenidentität der Vereine entsteht Durch welche Wesensmerkmale sich ein Fußballverein als Marke besonders auszeichnet, kann recht unterschiedlich sein. Frank Alexa von der Leibniz Universität Hannover hat in einer
Untersuchung der Markenpersönlichkeit von Fußballclubs vier wesentliche Charakteristika bestimmt, die von besonderer Bedeutung sein können:
- Professionalität
- Emotionalität
- Bodenständigkeit
- Tradition
Je nach Verein sind diese Merkmale stärker oder schwächer ausgeprägt. Als Maß für Professionalität gilt beispielsweise der FC Bayern München, während in puncto Emotionalität der
FC St. Pauli vorne liegt. Eine glaubwürdige und wirksame Markenidentität sollte auf diese Faktoren Rücksicht nehmen und sich auf die jeweiligen Stärken konzentrieren. Diese fließen letztlich in die Maßnahmen zur Außendarstellung ein. Sie sind weniger abstrakt als betriebswirtschaftliche Aspekte und leichter greif-, hör- und sichtbar und bilden die „Grundausstattung“ der Markenwahrnehmung.
Die Bedeutung von Vereinswappen Die Wappen und Embleme der Vereine sind ein wichtiges identitätsstiftendes Mittel, ein Erkennungszeichen, das im Idealfall überall auch als Markenlogos funktioniert. Das hängt natürlich sehr davon ab, wie es um die Markenbekanntheit bestellt ist. Wer im internationalen Geschäft mitspielt und regelmäßig die große Bühne der
UEFA Champions League betritt, erreicht naturgemäß einen deutlich höheren Bekanntheitsgrad.
Für die Vereine ergibt sich daraus bisweilen ein Dilemma, denn längst nicht jedes Vereinswappen entspricht den Designansprüchen eines modernen Markenlogos. Eine gestalterische Anpassung liegt nahe, kommt für eingefleischte Fans jedoch nicht in Frage. Wie problematisch das sein kann, lässt sich am Beispiel Juventus Turin nachvollziehen. Vor zwei Jahren präsentierte der italienische Traditionsverein und Rekordmeister seine Vorstellung davon, wie sich die „Alte Dame“ in Zukunft als Marke präsentieren soll.
Mit einem neuen Logo und einem neuen Motto: „Black and White and More“ lautet seither die Devise. Damit einher geht die völlige Abkehr vom traditionellen Wappen als Erkennungssymbol gehört.
Bei den Fans kam dieser radikale Schnitt hingegen nicht gut an, zumal er auf allen Ebenen durchgeführt wurde. Erstmals seit 1903 spielte Juve in der aktuellen Spielzeit nicht in den klassischen schwarz-weißen Streifen auf. Zwar blieb die Farbkombination erhalten, die Streifen aber verschwanden. Auch dieser Schritt, so konsequent er im Hinblick auf die neue Markenausrichtung sein mag, fand kein positives Echo – nicht bei den Fans, nicht in der internationalen Presse.
Bedeutung von Slogans Neben optischen Überarbeitungen der vereinseigenen Außendarstellung gehören auch entsprechende Slogans zur Markenidentität. Dabei wiederum muss nicht zwingend ein so moderner Ansatz gewählt werden wie beim italienischen Club, deren englischer Slogan ganz offenkundig international ausgerichtet ist. Es geht auch anders, wie zwei prominente Beispiele aus Deutschland zeigen:
Borussia Dortmund und FC Bayern München.
Beim „Mia san mia“ der Münchner ist übrigens völlig unerheblich, dass das Motto aus der früheren österreichischen Monarchie herrührt und damit eben gar kein originär-bayerischer Ausspruch ist. Die Botschaft hat der Verein dennoch zum festen Bestandteil der Markenidentität gemacht und damit – anders als Juventus – den regionalen Bezug keineswegs aufgegeben.
Anders stellt sich Borussia Dortmund seit einigen Jahren dar. „Echte Liebe“ verspricht der Verein und inszeniert mit Assoziationen an den Arbeiterverein und die starke emotionale Bindung ein Gegengewicht zur Hochglanz-Fußballwelt, zu dem der Club jedoch genauso gehört wie der Rivale aus dem Süden.
Der schmale Grat zwischen Tradition und Kommerz Letztendlich handelt es sich bei allen Beispielen um Versuche, innerhalb der veränderten und sich weiter verändernden Gegebenheiten des professionellen Fußballs Zielgruppen zu erreichen ohne dabei die zu vergraulen, die sich im Gegensatz dazu als echte Fans verstehen. Markenmanagement ist für die Vereine deshalb ein bisweilen heikler Akt, bei dem es einerseits gilt, sich im nationalen wie internationalen Wettbewerb bestmöglich zu positionieren und andererseits die „Basis“ nicht zu verlieren. Jedoch geht es nicht mehr um die Frage, ob sich Vereine als Marken aufstellen, sondern wie sie dies am besten tun können. Denn Markenmanagement ist längst zu einem zentralen Bestandteil des modernen Fußballs geworden und aus der gesamten Wertschöpfungskette nicht mehr wegzudenken.