Champions League 2006/2007 - Finale - Mi., 23.05.2007 - 20:45 Uhr
2:1
HZ - 1 : 0

Mit Glück und Verstand

Kaum zu sehen und trotzdem der umjubelte Held:
<br>Filippo Inzaghi

Kaum zu sehen und trotzdem der umjubelte Held:
Filippo Inzaghi

Kaum zu sehen und trotzdem der umjubelte Held:
Filippo Inzaghi

In einem spielschwachen und taktiklastigen Endspiel schnappte sich Milan zum siebten Mal die europäische Krone und tilgte damit seine Schuld aus dem legendären Finale von 2005. Liverpool stellte zumindest im ersten Abschnitt die bessere Mannschaft und lag nur durch ein Unglück zur Pause im Rückstand. Um diesen noch aufzuholen fehlte es den „Reds“ jedoch an Ideen. Nüchtern italienisch verwaltete Milan das Ergebnis, traf kurz vor dem Ende zur Entscheidung und ließ sich den Titel kein zweites Mal abjagen.

Wie zu befürchten litt die Partie von Anfang an unter ihrem eigenen Schatten. Beide Teams begannen mit nur einer nominellen Spitze, die aus Sorge vor einem Gegentor vorerst nicht ins Spiel eingebunden wurde. Nach einer Weile gewann Liverpools Kraftfußball Oberwasser, während sich Milan, das nur durch die Gnade der UEFA überhaupt in der Königsklasse hatte starten dürfen, freiwillig weiter aufs Lauern verlegte. Pennants Schuss machte Dida zwar keine Mühe (10.), grundsätzlich aber war der englischen Offensive mehr zuzutrauen, zumal Milans Verteidiger zu ungewohnt vielen Fehlern neigten. Nach einer halben Stunde war es wieder der agile Pennant, der sich auf der rechten Seite durchsetzte und Nesta wie Maldini buchstäblich alt aussehen ließ; Xabi Alonso konnte die Vorlage jedoch nicht verwerten und jagte das Leder aus 20 Metern vorbei. Im letzten Drittel vor der Pause erlebte Liverpool seine beste Phase und war drauf und dran, Mailands immer wackligere Abwehr zu durchbohren. Riise keulte in typischer Manier über den Kasten (32.), und auch Kuyt hätte einen weiteren Abwehrfehler beinahe bestraft (37.). Milans Offensive war zu dieser Zeit völlig abgekoppelt, doch wie aus dem Nichts fiel das Tor doch auf der anderen Seite. Mit einem Solo schaffte es Kaka bis an den Strafraum und nahm dankend an, als Xabi Alonso ihn zu einem Freistoß einlud. Pirlo trat an und traf aus 22 Metern den bis dahin unsichtbaren Inzaghi, der den Ball aus Versehen abfälschte und zum 1:0 ins Tor lenkte (45.). Aus einer halben Torchance schaffte Milan zur Pause eine Führung.

Der oft beschworene psychologische Zeitpunkt des Treffers, er traf Liverpool bis ins Mark. Ein unbeschwertes Angriffsspiel war immer weniger möglich, weil erstens die taktische Verlagerung nur zäh vonstatten ging und zweitens der Gegner nun auch offiziell sein Heil in der Defensive suchte - für die alten Herren aus Italien war die Konterlage wie bestellt. Liverpool kämpfte verbissen und verbrauchte eine große Ladung an Energie, um sich seine wenigen Chancen zu erarbeiten. Kapitän Gerrard vergab nach einer Stunde die größte, als er am linken Strafraum etwas glücklich an Nesta vorbeikam, sein Schuss in die lange Ecke aber zur Beute von Dida wurde. Die schärfste Waffe waren die Distanzversuche, doch blieben Gerrard und Riise in dieser Disziplin diesmal glücklos, wobei Milan auch nur wenige nutzbare Lücken aufzeigte. Je mehr sich die „Reds“ verausgabten, desto eher war mit dem entscheidenden Konter zu rechnen. Selbst hier hielten sich die Italiener zurück bzw. schwärmten nur dann aus, wenn es sich auch wirklich lohnte. Acht Minuten vor dem Ende war das der Fall. Kaka und Inzaghi standen eigentlich aussichtslos einer Reihe von Verteidigern gegenüber, das Zusammenspiel zwischen Pass und Antritt funktionierte aber derart perfekt, dass Inzaghi plötzlich allein vor Reina stand, ihn gekonnt umspielte und kühl das 2:0 besorgte. Dass Kuyt kurz vor dem Ende noch zum Anschluss traf, passte gar nicht zum abgezockten Auftritt der Ancelotti-Elf (89.). Die letzten drei Minuten überstand sie allerdings schadlos und hielt sich Liverpool sicher vom Leib. Im Gegensatz zu 2005, als Milan an seiner eigenen Hochnäsigkeit gescheitert war, feierte der AC diesmal einen wohl durchdachten Triumph, den Liverpool mit Kraft und Kondition allein nie verhindern konnte.

Maik Großmann

Er hätte in seiner Karriere besser keine fünf Weißbier in zehn Minuten trinken sollen.

— Rudi Völler über Mario Basler.