Frauen-WM 2011 - Finale - So., 17.07.2011 - 20:45 Uhr
5:3
HZ - 0 : 0FT - 1 : 1Verl. - 2 : 2

Japan im Glück

Erstmals feierte Japan den Gewinn der Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft (Foto: Imago)

Erstmals feierte Japan den Gewinn der Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft (Foto: Imago)

Erstmals feierte Japan den Gewinn der Frauen-Fußball-Weltmeisterschaft (Foto: Imago)

In einem packenden Finale setzte sich Japan im Elfmeterschießen gegen die USA durch und durfte sich erstmalig Weltmeister nennen. Im Verlauf des Spiels waren die Amerikanerinnen überlegen, Japan verwertete seine Chancen jedoch besser und behielt vom Punkt aus die Nerven.

Vor dem Spiel sprach die Bilanz eindeutig für die USA. In 23 Spielen ging der zweimalige Weltmeister siegreich vom Platz, dreimal hatten sich die Japanerinnen ein Unentschieden erkämpft. Trotz dieser einseitigen Vorgeschichte konnte keine Mannschaft als wirklicher Favorit eingestuft werden, zu stark hatte Japan sich in der K.O.-Runde präsentiert. Die erste Chance des Spiels hatten die Amerikanerinnen nach nur einer Minute, Lauren Cheney scheiterte aus spitzem Winkel an Torhüterin Kaihori. Nach diesem Paukenschlag übernahmen die USA klar die Spielkontrolle, doch Cheney (8.), Abby Wambach (9.), Carli Lloay (11.) und Megan Rapinoe (12.) vergaben fast im Minutentakt gute Möglichkeiten. Aufgrund dieses US-amerikanischen Angriffswirbels kamen die Japanerinnen nicht dazu, ihr Kurzpassspiel aufzuziehen, das sie überhaupt erst in dieses Finale gebracht hatte. Ein Distanzschuss, der sein Ziel deutlich verfehlte, war nach 22 Minuten die erste Torannäherung des Weltranglistenvierten. Nach einer halben Stunde wagte sich die Elf von Trainer Norio Sasaki ein wenig weiter nach vorne, die amerikanische Antwort war ein Lattenkracher von Starstürmerin Wambach, der mit ein wenig Glück durchaus die Führung hätte sein können (29.). Im Gegenzug lief Kozue Ando nach Pass von Sturmpartnerin Shinobu Ohno frei auf Hope Solo zu, schaffte es aber nicht, den Ball im Tor unterzubringen (31.). Auf der anderen Seite köpfte Cheney nach einem langen Ball von Abwehrchefin Christie Rampone auf das Tornetz (34.). So ging es mit einem nie langweiligen 0:0 in die Pause, die USA war überlegen, musste sich aber ihre mangelnde Chancenverwertung ankreiden lassen.

Mit dem Seitenwechsel brachte US-Coach Pia Sundhage Alex Morgan für Lauren Cheney, wodurch sie sich wohl vor allem mehr Präzision im Abschluss erhoffte. Morgan erarbeitete sich auch gleich die erste Chance der zweiten Halbzeit, äußerst knapp scheiterte sie aus wenigen Metern am Pfosten und auch das darauf folgende Chaos in der japanischen Abwehr brachte nichts ein. Die USA waren erneut zielstrebiger, was den Weg nach vorne anging, vor allem aufgrund des Spielstandes blieb aber auch Japan weiterhin gefährlich. In der 64. Minute leistete sich das sonst tadellose deutsche Schiedsrichtergespann um Bibiana Steinhaus eine Fehlentscheidung, als es Ohno wegen einer angeblichen Abseitsstellung den freien Weg aufs Tor verwehrte. Direkt danach setzte Wambach zu einem ihrer brandgefährlichen Kopfbälle an, Ayumi Kaihori lenkte den Ball gerade noch über die Latte. Trainer Sasaki entschied sich nach 66 gespielten Minuten für einen Doppelwechsel im Sturm und brachte Karina Maruyama und Yuki Nagasato für Ando und Ohno. Nichtsdestotrotz waren es die Amerikanerinnen, die in der 69. Minute in Führung gingen. Megan Rapinoe spielte aus der eigenen Hälfte einen klasse Pass auf Morgan, die kurz hinter der Strafraumgrenze mit links ins rechte untere Eck vollendete. An den vergebenen Chancen gemessen, war die Führung zu diesem Zeitpunkt verdient, Japan hatte den Angriffen der USA bislang nur wenig entgegenzusetzen. Vielleicht lag es dann aber genau an dieser Unterbeschäftigung, dass die US-Abwehr sich den Ball nach 81 Minuten praktisch selbst ins Tor schoss und kurz vor Ende des Spiels um ihren Lohn brachte: Die nach abgesessener Rotsperre ins Team zurückgekehrte Rachel Buehler traf bei einem Klärungsversuch Mitspielerin Ali Krieger, von der prallte der Ball vor die Füße Aya Miyames, und die Japanerin hatte wenig Mühe, aus kurzer Distanz den Ausgleich zu markieren. Japan erreichte durch große Effizienz im Abschluss die halbstündige Verlängerung, sehr zur Freude jedes neutralen Zuschauers, denn was beide Teams in den ersten 90 Minuten geboten hatten, war eines Finales mehr als würdig.

Auch in der ersten Hälfte der Nachspielzeit hatten die USA die besseren Chancen, Japan sparte weiter an Kraft und lauerte. Nach 104 Minuten gingen die Amerikanerinnen dann aber erneut in Führung, als Abby Wambach nach schöner Flanke von Morgan per Kopf das 2:1 markierte. Nach dem erneuten Seitenwechsel bot sich ein völlig anderes Bild. Nun war Japan das offensivere Team und setzte die US-Defensive stark unter Druck. Das führte mehrere Male zu Unordnung in Hope Solos Strafraum, die Japanerinnen konnten das Chaos jedoch weder in der 108., noch in der 112. Minute nutzen. Nach 115. Minuten lupfte Abwehrspielerin Yukari Kinga über Solo hinweg, Rampone klärte in größter Not kurz vor der Linie. Drei Minuten vor Schluss war es dann aber doch soweit: Nach einem Eckball von Miyama erzielte Homare Sawa ihren fünften Turniertreffer und setzte sich damit an die Spitze im Rennen um die Torjägerkrone. Kurz bevor es ins Elfmeterschießen ging, handelte sich Azusa Iwashimizu nach einer Notbremse noch eine Rote Karte ein. Der darauf folgende Freistoß brachte den USA jedoch nichts ein, sodass die Entscheidung um den WM-Titel vom Punkt aus fallen musste. Shannon Boxx trat als erste an, ihren schwach geschossenen Ball hielt Kaihori per Fußabwehr. Für Japan trat Miyama an, die sicher verwandelte. Schon während der regulären Spielzeit schien das Tor für die USA wie vernagelt und dieses Phänomen setzte sich nun fort. Carli Lloyd schoss ihren Elfmeter in den Frankfurter Nachthimmel und nur dadurch, dass Hope Solo Nagasatos Ball parierte, durfte Sunhages Elf noch einmal Hoffnung schöpfen. Doch auch Tobin Heath scheiterte an Kaihori, während Sakaguchi Solo knapp, aber dennoch erfolgreich überwand. Abby Wambach war die erste, die endlich für die USA verwandelte, ihr Treffer reichte aber nicht aus, da Saki Kumagai die Nerven behielt und den entscheidenden Elfmeter versenkte.

Mit großem Kampfgeist gewann Japan also gegen zum Großteil eigentlich überlegene Amerikanerinnen. Diese müssen sich jedoch die Kritik gefallen lassen, beste Chancen nicht genutzt und es nicht geschafft zu haben, eine zweimalige Führung über die Zeit zu bringen. Japan hingegen gab sich nie auf, schlug zweimal zurück und bewies im Elfmeterschießen die größere Nervenstärke. Mit dem ersten Sieg gegen die USA fuhren sie ihren wichtigsten Erfolg ein und schafften es als erstes asiatisches Team, sich den Weltmeistertitel zu sichern. Nach dem Abpfiff wurde Homare Sawa gleich zweimal ausgezeichnet: Sie gewann den Goldenen Ball als beste Spielerin des Turniers und sicherte sich mit ihren fünf Treffern gleichzeitig die Torjägerkrone. Wenigstens einen Titel durften die USA auch mit nach Hause nehmen – Hope Solo wurde zur besten Torhüterin gewählt, was sie angesichts der aus amerikanischer Sicht ärgerlichen Finalniederlage wohl nur teilweise aufgemuntert haben dürfte.

Lisa Ramdor

Mit links, wie die Löwen meinten, schlägt man Bayern nie.

— Paul Breitner