WM 2006 - Gruppenphase - Di., 13.06.2006 - 18:00 Uhr
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Junge Rehe gegen Altherrenfußball

Nicht mehr ganz so spritzig: Zinedine Zidane

Nicht mehr ganz so spritzig: Zinedine Zidane

Nicht mehr ganz so spritzig: Zinedine Zidane

Seit dem Finale 1998 war Frankreich ohne WM-Tor und wollte gegen den Dauergegner möglichst früh zurück in die Spur finden. Doch die Schweiz war eine harte Nuss. Hochkonzentriert und mit famoser Kondition kauften die jungen Eidgenossen den alten Recken den Schneid ab und waren dem Sieg am Ende mindestens genauso nah.

Trotz der Affenhitze war die Anfangsphase durchaus flockig und kurzweilig. Eine erste Minichance vergab Henry nach fünf Minuten, als er auf Flanke Wiltords den Kopf zu tief unter den Ball bekam. Frankreich kontrollierte zunächst das Geschehen, wusste aber genau um die gefährliche Lauerstellung der Schweizer, zumal man sich schon in der Qualifikation miteinander hatte plagen müssen. Tatsächlich kam es dann fast zur kalten Dusche. Zidane und Viera waren gerade noch halbgefährlich in Aktion getreten, da gab es einen Freistoß auf der anderen Seite. Barnetta zwirbelte aus halbrechter Position den Ball aufs Tor, den Frei zu erwischen drohte und damit Barthez irritierte. Unberührt klatschte das Leder an den Pfosten und landete wieder beim völlig freien Frei, doch der war zu überrascht zum Abschließen (25.).Die Eidgenossen blieben frech und ließen sich nichts aufschwatzen, gefährlicher und technisch feiner waren aber nach wie vor die Blauen. Nach einer halben Stunde legte Henry am linken Strafraumeck ab auf den Jungstar Ribery. Der zog unvermittelt ab, schoss aber weit über den Kasten. Sechs Minuten später wurde es hektisch. Ribery düpierte den laxen Senderos auf der rechten Seite und gab in die Mitte zu Henry. Der musste sich das ungenaue Zuspiel in einer Drehung zurückangeln und schoss einem Schweizer im Strafraum gegen die Hand. Elfmeter aber gab es nicht. Henry blieb Frankreichs schärfste Waffe, war im Abschluss aber auch nicht so konzentriert wie gewohnt. Nach einem Steilpass Zidanes hätte Arsenals Starstürmer in die Mitte passen müssen, schoss aber lieber halbherzig aufs Tor (39.). Mit etwas mehr Konzentration hätte Frankreich zur Pause durchaus führen können.

Der Favorit blieb am Drücker und meldete sich mit einem verunglückten Viera-Schuss zurück, dem allerdings eine schöne Kombination vorausgegangen war (49.). Mit dem Schönspielen hatten es die Schweizer weniger, dafür hielten sie mit Laufstärke und Disziplin dagegen. Leider fehlte den Eidgenossen ein Strippenzieher und Ideengeber, so dass viel gut Gemeintes entweder in den rot bestutzten Abwehrbeinen oder im absoluten Nichts landete. Starke Abwehrspieler aber hatten die Schweizer auch, so etwa Senderos, der gewiss auch einiges falsch machte, aber nach 58 Minuten in höchster Not vor dem einschusswilligen Wiltord rettete. Man rechnete eher mit einem Tor für Frankreich, zumal das kraftraubende Schweizer Spiel mittelfristig den hohen Temperaturen zum Opfer zu fallen drohte. Wann immer die Weißen dennoch angriffen, kam die Kulisse in Wallung, so etwa nach einer guten Stunde, als Magnin einen plumpen Freistoß in die Mitte des Tores schickte. Dann plötzlich wurde der eingewechselte Gygax am rechten Pfosten angeflankt und hätte aus zwei Metern fast das 1:0 erzielt (64.). Es war die beste Chance des Spiels, und die Schweiz war nun klar überlegen. Ein Versuch von Gallas durchbrach dann die Lethargie im französischen Spiel (73.), doch tatsächlich waren es mittlerweile die Franzosen, denen das Wetter auf die Lungen drückte. Im Angriff herrschten Rat- und Einfallslosigkeit. Tiefpunkt der Einfalt war ein Pass von Zidane, der vorbei an Freund und Feind ins Aus kullerte und ein mauliges Pfeifkonzert zur Folge hatte (80.). Eine kleine Schippe legten die Blauen am Ende noch drauf, doch die nächste Chance konnte sich nur ergeben, weil Zuberbühler nach einem Freistoß daneben griff (88.). Um ein Haar hätte dann Dhorasoo aus zehn Metern noch getroffen (90.), nicht weniger gefährlich aber war ein Schweizer Freistoß, der Sekunden vor Schluss am Pfosten vorbeisauste. Insofern konnte sich niemand über das Remis beklagen.

Maik Großmann

Dann wurde ich durchbeleidigt.

— Domenico Tedesco