Bundesliga 2007/2008 - 12. Spieltag - So., 04.11.2007 - 17:00 Uhr
5:3
HZ - 4 : 0

Offenes Visier im Revier

Zurück zu alter Stärke: Joel Epalle bereitete zwei Tore vor und schoss eines selbst

Zurück zu alter Stärke: Joel Epalle bereitete zwei Tore vor und schoss eines selbst

Zurück zu alter Stärke: Joel Epalle bereitete zwei Tore vor und schoss eines selbst

Vor allem in der ersten Halbzeit zeigte der zuvor arg gebeutelte Revierclub Fußball zum Hingucken. Mit 4:0 ging es in die Halbzeitpause, 5:3 stand es nach 90 Minuten. Dabei wurde es noch mal richtig spannend, denn sowohl der VfL Wolfsburg als auch die Bochumer warfen jegliche Defensivtaktiken in der zweiten Halbzeit vollständig über Bord.

Vor der Partie sagte Bochums Trainer Marcel Koller fast trotzig: „Den Spielern fehlt es momentan an Selbstbewusstsein.“ Und die Begegnung gegen den VfL Wolfsburg schien zunächst keine geeignete zu sein, um jenes zurück zu gewinnen. Der VfL Wolfsburg reiste mit einer souveränen Weste ins Revier, man strotzte in den letzten Wochen vor Spielfreude, acht Spiele in Folge blieben die Niedersachsen ohne Niederlage, im DFB-Pokal gewann man in Karlsruhe mit 1:0. Der VfL Bochum indes bildete den fußballerischen Gegenpol, von den letzten neun Pflichtspielen verlor die Mannschaft sieben, der letzte Sieg gelang beim 2:1-Heimsieg gegen den HSV – am dritten Spieltag. Zudem plagten Marcel Koller Personalsorgen: Jan Lastuvka, die etatmäßige Nummer Eins im Bochumer Tor, klagte über Rückenschmerzen, und da auch Philipp Heerwagen ausfiel, kam René Renno aus der zweiten Mannschaft des VfL Bochum zu seinem Bundesligadebüt. Weiterhin rückten Imhof und Fuchs für Schröder und Grote in die Startelf. Bei den „Wölfen“ ersetzte Marcel Schäfer den Tschechen Jan Simunek. Zum Erstaunen der 17.000 Zuschauer begannen die Gastgeber aber furios: Kaum vier Minuten waren gespielt, als Sestak nach einem Freistoß von Epalle aus fünf Metern zum 1:0 einköpfte. Was ein frühes Tor bewirken kann: Fortan war die Bochumer Brust breit und ein Angriff nach dem nächsten rollte auf das Wolfsburger Tor. In der neunten Minute konnte Quiroga noch vor Marcin Miciel klären, wenig später aber kam der zögernde Jentzsch gegen den Polen zu spät – Elfmeter. Kapitän Maltritz verwandelte ins linke untere Eck, Jentzsch ahnte dies zwar, kam aber trotz seiner 1,96 Meter nur noch mit den Fingerspitzen ans Leder. Die Wölfe liefen nun ins offene Messer. Alleine zwischen der 29. und der 44. Minute tauchten die Bochumer vier Mal vor Jentzsch auf, zweimal trafen sie. Scheiterten Yahia (29.) und Sestak (40.) noch am Wolfsburger Schlussmann, netzte Fuchs in der 42. Minute zum 3:0 ein. Nach einer schönen Kombination setzte sich der ehemalige Fürther auf der linken Seite durch und ließ Jentzsch keine Chance. Das nächste Bochumer Tor dann von der rechten Seite: Einen Traumpass von Epalle nutzte Sestak zum 4:0-Halbzeitstand. Der Pausenpfiff wirkte fast erlösend für die Elf von Felix Magath, Jentzsch verließ kopfschüttelnd und mit einem bitter ironischen Blick den Rasen in Richtung Kabine – so häufig sah sich der Keeper in dieser Saison noch nie von seinen Vorderleuten in Stich gelassen.

Zu Beginn der zweiten Hälfte vertauschte Rollen: Während Jentzsch sich ein paar freie Minuten gönnen konnte, stand sein Gegenüber René Renno im Mittelpunkt des Geschehens. Landete ein Schuss von Madlung noch am Außennetz, so konnte der Bochumer Torwart den strammen Hammer von Marcel Schäfer nur noch aus dem Kasten fischen. Von der Strafraumgrenze zimmerte der 23-jährige Außenverteidiger den Ball ins Tor (49.). Sieben Minuten später keimte dann wieder Hoffnung bei den Wolfsburgern auf. Nachdem Renno einen Schuss von Schäfer nach vorne abklatschen ließ, stand Grafite dort, wo ein Stürmer stehen muss – 4:2. War das Visier der Gäste zu diesem Zeitpunkt längst geöffnet, klapperte nun das der Bochumer. Chancen ergaben sich so fast im Minutentakt, eine nutzte der wieder erstarkte Kameruner Joel Epalle nach schöner Vorarbeit per Drehschuss zum 5:2 (63.). Doch ausruhen konnten sich die Westfalen nicht, denn zehn Minuten später waren die Wolfsburger schon wieder dran: Grafite traf aus halbrechter Position nach feiner Kopfballablage von Dzeko (73.). Der Brasilianer war es auch, der in der 82. Minute die große Chance hatte, die Schlussphase richtig spannend zu machen, doch aus drei Metern verstolperte Grafite freistehend vor Renno eine ideale Hereingabe von Gentner. So blieb es nach 90 Minute beim 5:3 sowie der Erkenntnis von Wolfsburgs Schlussmann Jentzsch, dass auswärts eigentlich eines Priorität genießen sollte: eine kompakte Defensive. Eigentlich.

Andreas Bock

Der Kopf denkt, der Fuß versenkt.

— Günter Netzer