Bundesliga 2007/2008 - 30. Spieltag - Sa., 26.04.2008 - 15:30 Uhr
2:2
HZ - 2 : 0

Tag und Nacht im Niemandsland

Krönte Herthas Kraftakt mit einem Traumtor: Lukas Piszczek (Foto: Hertha BSC Berlin)

Krönte Herthas Kraftakt mit einem Traumtor: Lukas Piszczek (Foto: Hertha BSC Berlin)

Krönte Herthas Kraftakt mit einem Traumtor: Lukas Piszczek (Foto: Hertha BSC Berlin)

In Hannover erlebten die Zuschauer bei strahlendem Sonnenschein ein Spiel mit zwei völlig unterschiedlichen Halbzeiten. Erst wurden die Berliner von hoch motivierten Hannoveranern an die Wand gespielt. Doch nach 90 Minuten konnte Trainer Hecking sogar froh sein, dass seine Mannschaft einen Punkt zu Hause behalten konnte.

Nach der ersten Halbzeit und einer halben Stunde 96er-Einbahnstraßenfußball sah es noch so aus, als würde Hertha BSC den Abwärtstrend der vergangenen Wochen eindrucksvoll bestätigen wollen. 2:0 lag Hannover 96 zu diesem Zeitpunkt durch ein Eigentor von Herthas Schweizer Abwehrspieler Steve von Bergen und Treffer des agilen Jiri Stajner bereits vorne. Und niemand der 41.500 Zuschauer in der AWD-Arena, darunter auch 2.000 mitgereiste Herthaner, hätte zu diesem Zeitpunkt noch auf ein Comeback der Berliner gesetzt. Zu harmlos wirkte die Mannschaft von Trainer Lucien Favre, die zu Beginn erneut auf ihren besten Stürmer verzichten musste. Marko Pantelic saß, trotz eigentlich auskurierter Verletzung zunächst nur auf der Bank. Für den Serben durfte Lukas Piszczek zum ersten Mal in dieser Saison als Mittelstürmer auflaufen. Doch der Pole blieb, zumindest in Halbzeit eins, harmlos. Wie die gesamte Offensivabteilung der Berliner, die bis zur Pause ganze vier Mal aufs Tor geschossen hatten. Hannover 96 hingegen schien die letzte Chance auf einen möglichen UI-Cup-Platz gegen die verunsicherten Gäste von Anfang an nutzen zu wollen. Den Niedersachsen war das Selbstvertrauen nach zuletzt zwei Siegen in der englischen Wochen deutlich anzumerken. Nach anfänglichem Abtasten übernahmen sie nach einer Viertelstunde die Kontrolle des Spiels. Die Berliner kamen kaum noch aus der eigenen Hälfte und auch die sonst eigentlich solide Abwehr um Nationalspieler Friedrich und Josip Simunic wirkte zunehmend unsortiert. Folgerichtig fiel in der 19. Minute die verdiente Führung. Der starke Bruggink bewies sein gutes Auge für den Mitspieler und spielte Hanke frei, dessen Schuss drückte von Bergen etwas unglücklich über die Linie. Nur sieben Minuten später erhöhten die 96er auf 2:0. Wieder lief der Angriff über Hannovers Spielmacher Bruggink. Der Holländer schlug einen langen Pass in den Strafraum der Berliner. Ein eher harmloser Versuch. Doch ein haarsträubendes Missverständnis zwischen Simunic und seinem Keeper Drobny ermöglichte Stajner seinen sechsten Treffer in dieser Saison. Der Kroate köpfte den Ball an dem bereits heraus geeilten Schlussmann vorbei und Stajner konnte mühelos einnetzen. Bis zur Halbzeit gelang es den Berlinern nicht mehr, sich vom Schock des 0:2 zu erholen. Im Gegenteil. Hannover hätte noch vor dem Seitenwechsel ein oder sogar zwei Treffer nachlegen können. Doch Hanke verpasste völlig allein vor Drobny die endgültige Entscheidung.

Eine Nachlässigkeit, die sich rächen sollte, denn die Berliner kamen wie verwandelt aus der Kabine. Gleich in den ersten Minuten nach Wiederanpfiff hatten Raffael zwei gute Chancen. Plötzlich lief der Ball bei der Hertha und sie gelangte immer besser in die Zweikämpfe. Den Anschlusstreffer indes ermöglichte erst eine, zumindest fragwürdige, Entscheidung des ansonsten souveränen Schiedsrichters Michael Kempter. Valerien Ismaël, der später mit einer Knieverletzung ausgewechselt werden musste, hatte den Ball nach einer Grätsche im Strafraum an die Hand bekommen. Kempter zeigte auf den Punkt. Der sonst blasse Chahed trat an und ließ Enke keine Chance. Nun drängten die Hauptstädter mit Macht auf den Ausgleich. In der 64. Minute brachte Lucien Favre zudem seinen Torjäger Marko Pantelic. Eine Einwechslung, die noch einmal für einen zusätzlichen Motivationsschub sorgte. Keine 180 Sekunden später erzielte Lukas Piszczek, Herthas bester Spieler an diesem Nachmittag, mit einem Traumtor den Ausgleich. Es war sein erstes Tor im Berliner Trikot und das letzte Highlight in einem Spiel mit zwei Halbzeiten so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Danach passierte nicht mehr viel. Nahezu ereignislos plätscherte das Spiel dem Abpfiff entgegen. Bei beiden Teams war die Angst vor einem weiteren Gegentreffer größer als der Mut, doch noch selbst auf Sieg zu spielen.

Lucas Vogelsang

Mein Gott, was haben sie mir schon Leute vorgeschlagen! Da waren Riesenpleiten dabei, Leute, die sich nicht einmal die Schuhe zubinden können.

— Hermann Gerland, Co-Trainer des VfL Bochum, über Talentsuche in den 1980er-Jahren...