EM 2008 - Qualifikation - Gruppenphase - Mi., 17.10.2007 - 20:45 Uhr
0:3
HZ - 0 : 2

Aus allen Träumen geholt

Vertrat den gesperrten Jens Lehmann und musste dafür fast bedauert werden:
<br>Timo Hildebrand

Vertrat den gesperrten Jens Lehmann und musste dafür fast bedauert werden:
Timo Hildebrand

Vertrat den gesperrten Jens Lehmann und musste dafür fast bedauert werden:
Timo Hildebrand

So hoch die DFB-Elf nach der frühen Qualifikation gehandelt worden war, so tief stürzte sie in nur einem Spiel wieder ab. Ausgehend von einem Blitzgegentor missriet die erste Halbzeit völlig und war auch mit mehr Mumm nach dem Wechsel nicht mehr zu reparieren. Während die hellwachen Tschechen souverän das EM-Ticket lösten, verlor Deutschland nicht nur die Tabellenführung, sondern auch die Gunst des Publikums.

Die etwas zu oft gestellte Frage nach der richtigen Einstellung beantwortete die DFB-Elf auf dem Platz und fing sich das schnellste Gegentor seit über 30 Jahren: Koller tauchte dank einer missglückten Abseitsfalle zusammen mit Sionko vor Hildebrand auf und gönnte dem Kollegen das 0:1 (2.). Der Treffer wirkte wie ein Peitschenhieb und legte sich wie ein lähmender Schleier sowohl über die Mannschaft als auch die Laune des Publikums. Tschechien hingegen zog aus der Führung große Kraft, ließ sich vor dem eigenen Tor keine Angst einjagen und schlug im Hochgefühl gleich noch ein zweites Mal zu. Beteiligt war erneut der Ex-Dortmunder Koller, der gegen Mertesacker ein Kopfballduell gewann. Als Matejovsky das einstudierte Zuspiel aufnahm, konnte er weder von Frings noch von Metzelder aufgehalten werden und lief so lange weiter, bis der Weg in die lange Ecke frei war – obwohl ohne ernsthaften Ballkontakt musste Timo Hildebrand schon zum zweiten Mal ins Netz greifen (23.). Die Resthalbzeit gestaltete Deutschland immerhin feldüberlegen. Schweinsteiger (26.) und Frings (34.) schossen mal aus dem Hinterhalt, außerdem kam Kuranyi zu zwei vorzeigbaren Kopfballchancen (37./43.). Dennoch blieb die deutsche Vorstellung blutleer und kraftlos und wurde erstmals seit langem sogar mit Pfiffen bedacht. Den Tschechen indes war mit jeder Faser anzumerken, dass es für sie noch um Einiges ging.

Clemens Fritz und Simon Rolfes kamen neu in die deutsche Mannschaft und machten gemeinsam mit den anderen glaubhaft, dass die Einstellung ab sofort stimmen würde. Schweinsteiger kam nach einem Frings-Freistoß gleich zu einer Chance, traf nur knapp am linken Pfosten vorbei (48.). Als erneut der Münchener Mittelfeldmann einen ruhenden Ball beinahe ins Tor zirkelte, schien ein Anschlusstor derweil auf dem Weg. Gleich im Gegenzug aber trafen die Gäste schon wieder den Pfosten, weil sie spielend leicht durch das deutsche Mittelfeld marschierten und von nichts und niemandem aufgehalten wurden. Erhört wurde die Warnung nicht; als Plasil mit einem Haken im Strafraum Arne Friedrich vernaschte, stand es nach einer guten Stunde sogar 0:3. Erinnerungen an dunkle Zeiten wurden wach, als Deutschland sich bei der EM 2000 blamierte oder auch kurz vor dem Sommermärchen von brutalen Italienern zerrupft wurde. In einer reizlosen Schlussphase waren daher fast weniger die Tschechen der Gegner der Heimelf als vielmehr das Publikum, das sich beim ersten wirklich schwachen Spiel unter Joachim Löw direkt von der Mannschaft abwandte. Der Bonus eines gesamten Spieljahres, so schien es, er war bereits verbraucht.

Maik Großmann

Wir müssen alles daran setzen, den Mist, den wir verbockt haben, wieder gerade zu rücken.

— Horst Hrubesch über Ziele als HSV-Interimstrainer