«Presse ist nicht schuld»: Bayer als Gegenpol zum FC Bayern

von Marcel Breuer | dpa14:49 Uhr | 24.10.2018
In der sportlichen Krise positioniert sich Bayer Leverkusen als Gegenpol zum FC Bayern.

Der seit Wochen in der Kritik stehende Trainer Heiko Herrlich und der von den ersten Fans auch schon angezählte Sportchef Rudi Völler geben sich vor dem dritten Europa-League-Spiel beim FC Zürich am Donnerstag selbstkritisch und zeigen Verständnis für mediale Kritik und Pfiffe der Fans. Die Schuld für die Misere suchen die Leverkusener - anders als die Bayern-Bosse um Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß - einzig und allein bei sich selbst. 

«Eins ist klar: Die Presse ist nicht schuld, dass wir so wenige Punkte haben. Dafür sind wir alleine zuständig», sagte Herrlich vor dem Abflug in die Schweiz. Deshalb sei die Kritik an ihm selbst berechtigt, «und auch die Spieler müssen die Kritik aushalten». Völler ergänzte am Flughafen in Köln: «Wir reden nicht um den heißen Brei rum, dass wir das besser können.» Zu den Journalisten sagte er: «Wir müssen ein paar Dinge verbessern, das habt ihr ja auch alle geschrieben.»

Der frühere DFB-Teamchef musste sich am Samstag nach dem 2:2 gegen Hannover erste «Völler raus»-Rufe von den Rängen anhören. Offenbar, weil er Herrlich weiter den Rücken stärkt. Völler versicherte, es gebe «kein Ultimatum» für den Trainer. Doch zumindest ein wenig Raum für Spekulationen ließ seine Aussage im ZDF: «Noch hat er unser Vertrauen. Man muss es so sagen – so ehrlich muss man sein.»



So bietet das Spiel in Zürich für die Leverkusener die ideale Ablenkung. Denn im Europacup ist der Saisonstart im Gegensatz zur Bundesliga gelungen, auch wenn die beiden Siege bei Ludogorez Rasgrad (3:2) und gegen AEK Larnaka (4:2) wenig souverän waren. Mit einem weiteren Sieg bei den ebenfalls bisher zweimal siegreichen Schweizern wäre der Einzug in die K.o.-Runde fast schon sicher. «Wir haben die Möglichkeit, einen ganz großen Schritt zu gehen», sagte Herrlich: «Da haben wir den Hunger, nach drei Spielen fast schon durch zu sein.»

Völler betonte: «Wir wollen Erster werden, und im Moment sieht es ja so aus, als ob der FC Zürich der große Konkurrent ist. Deshalb wollen wir die Punkte und dadurch auch das Selbstvertrauen, das zuletzt ein bisschen gelitten hat, zurückgewinnen.»

Auch Herrlich gibt sich vordergründig optimistisch, zwischen den Zeilen lassen sich aber auch Zweifel erahnen. Er wisse, «dass die Qualität nach wie vor da ist, und gerade etwas verschüttet ist, was wir zusammen freiräumen müssen. Mein Selbstvertrauen ist nach wie vor da. Ich versuche, die Mannschaft stark zu machen», sagte er. Und gestand ein: «Das gelingt mir nicht so, wie ich es gerne hätte. Ich muss trotzdem die Fahne hochhalten.»

Es wird langweilig, den Bayern zu gratulieren.

— Jens Nowotny, Bayer Leverkusen, nach der zweiten (!) Meisterschaft des FC Bayern in Folge, 2006.