Europa League 2007/2008 - Halbfinale - Do., 24.04.2008 - 20:45 Uhr
1:1
HZ - 1 : 0

Triple in Gefahr

Verabschiedete Olli Kahn mit einem Eigentor:
<br>Lucio

Verabschiedete Olli Kahn mit einem Eigentor:
Lucio

Verabschiedete Olli Kahn mit einem Eigentor:
Lucio

Wie schon gegen Getafe gingen die Bayern zeitig in Führung und wähnten sich schon auf dem allerbesten Weg. Kaum fand Zenit aber einmal ins Spiel, wurde aus der geplanten Gala noch eine sehr ernste Angelegenheit, die für den Deutschen Pokalsieger gar fast in einer Pleite geendet hätte. Übrig blieb nur noch ein wackliges 1:1.

Bayerns geballtes Selbstvertrauen bekamen die Russen gleich in den ersten Minuten zu spüren, als die Hitzfeld-Elf wie von der Kette gelassen auf die Gäste einschlug und einen Angriff nach dem anderen startete. Für seine gefürchteten Konter fand der russische Meister überhaupt keine Luft. Gerade als Zenit dann etwas Ruhe bekam, lag es etwas unglücklich dann doch schon früh im Rückstand, weil Ricksen genau wie Ze Roberto mit gestrecktem Bein in einen Strafraum-Zweikampf ging und um einen Tick zu spät kam. Den schwachen Strafstoß von Ribery konnte Malafeev sogar noch parieren, im Nachschuss aber traf der Franzose dann doch und brachte die Bayern in Front (18.). Hochverdient war der Spielstand allemal, zumal St. Petersburg seine Hälfte bis hierhin kaum verlassen hatte. Kaum ließ der Druck des Deutschen Pokalsiegers allerdings etwas nach, wurden die Russen auch plötzlich putzmunter und erschreckten die Münchener mit den gleichen giftigen und scharfen Attacken wie ihr jüngstes Opfer Leverkusen. Zu echten Torchancen reichte es im ersten Abschnitt noch nicht. Trotzdem machten die 66.000 mehr als einmal große Augen, wenn Fayzulin, Pogrebnyak und Arshavin ausschwärmten und sich wie mit dem Computer programmiert das Spielgerät zusteckten. Zenit ging schon jetzt ein erstaunlich hohes Risiko und lud die Bayern im eigenen Wohnzimmer immer wieder zu Gegenstößen ein. Ze Roberto (29.) und Schweinsteiger (43.) waren vom 2:0 jeweils nicht weit entfernt. Dennoch war die Führung des FC Bayern im Moment des Pausenpfiffs nicht mehr ganz so selbstverständlich wie es zu Beginn der Begegnung noch ausgesehen hatte.

Gleich nach Wiederbeginn feuerte Pogrebnyak einen Warnschuss ab (47.), den die Hitzfeld-Elf mit einem wütenden Angriff über Klose und Schweinsteiger beantwortete, welcher beinahe das 2:0 bedeutet hätte. Malafeev konnte den harten Schuss jedoch parieren (49.). Die Partie war nun ein würdiges Semifinale, ganz wenig von Taktik, sondern vom beiderseitigen Willen gezeichnet, das nächste Tor zu erzielen. Nach einer beeindruckenden Kombination kam Fayzulin am linken Strafraumeck zum Schuss, zielte jedoch haarscharf vorbei (52.), ehe sechs Minuten später dann Podolski, der den schmerzlich vermissten Toni vertrat, ein erstes Mal überhaupt zum Abschluss kam. Wer angriff und wer konterte, war bald kaum mehr zu unterscheiden, denn die Russen machten allmählich ernst und hörten nicht mehr auf, die Bayern mit ihrem ballsicheren und auffallend fehlerfreien Spiel zu beschäftigen. Nach einer Stunde war es dann soweit. Fayzulin, einmal mehr, setzte sich auf der linken Seite durch und flankte eigentlich ungenau noch innen. Dort stand zwar kein Russe, dafür aber Lucio, der mit bester Absicht klären wollte, den verdutzten Olli Kahn jedoch mit einem klassischen Eigentor bezwang – wie bislang immer im laufenden Wettbewerb hatte St. Petersburg damit sein Auswärtstor erzielt (61.). Die Bayern standen nun unter Schock und wackelten für einige Minuten bedenklich; beinahe hätte Pogrebnyak sofort gar das 1:2 erzielt, als Demichelis ihn in letzter Sekunde stoppte. Mit der Auswechselung des leicht verletzten Kahn, der damit sein letztes Europapokalheimspiel vorzeitig beenden musste, entstand ein weiterer Riss. Denn auch wenn Lucio wie besessen auf das 2:1 drängte und beinahe seinen Fehler auch wieder gut gemacht hätte (79.) sowie Podolski kurz vor Abpfiff noch eine Riesenchance vergab, so hätte der Sieg auch noch den Gästen in die Hände fallen können. Fayzulin (83.) und Arshavin (89.) etwa fehlten zum 1:2 nicht viel. Ohne jedes Polster, aber immerhin gewarnt reisten die Bayern somit zum Rückspiel nach St. Petersburg und mussten wie schon gegen Getafe ihre Hausaufgaben nacharbeiten. Während Zenit gleich drei wichtige Leute wegen Gelb-Sperren fehlen sollten, hatte Ottmar Hitzfeld dann aber immerhin wieder Luca Toni zur Verfügung.

Maik Großmann

Was nützt die schönste Viererkette, wenn sie anderweitig unterwegs ist.

— Johannes B. Kerner