Berti Vogts wird 75

von Jean-Pascal Ostermeier | sid10:47 Uhr | 30.12.2021
Berti Vogts feiert seinen 75. Geburtstag
Berti Vogts hat in seiner Karriere alles erlebt. Viele Erfolge, aber auch Misserfolge. Das hat ihn geprägt, vorsichtig werden lassen. Erst wenn seine natürlich vorhandene Skepsis gebrochen ist, öffnet er sich dem Gesprächspartner, der vielleicht im ersten Moment einen falschen Eindruck von Hans-Hubert Vogts erhalten könnte. Wenn das Eis gebrochen ist, dann ist er offen, erzählt gerne Anekdoten und besticht nach wie vor durch eine klare Analyse.


Als knallharter Rechtsverteidiger bei Borussia Mönchengladbach machte er sich einen Namen. Während andere zu Weltenbummlern wurden, trug Vogts während seiner Zeit als Profi trotz verlockender Angebote aus dem Ausland immer die Raute auf der Brust und im Herzen.

"Ich bin durch den Profifußball zu Wohlstand gekommen", betonte Vogts einmal. Auch wenn die Summen in der heutigen Zeit nahezu lächerlich wirken. 250 Mark Gehaltserhöhung pro Monat gab es nach seinem ersten Länderspiel, 500 Mark nach dem zehnten.

Der langjährige Gladbacher Manager Helmut Grashoff habe als "Sachverwalter des Profifußballs" das getan, "was in Gladbach möglich war". Vogts hat das gereicht. 419 Bundesligaspiele (33 Tore) bestritt er - Vereinsrekord. Die Titelsammlung ist beeindruckend: Fünf Meisterschaften, DFB-Pokalsieger, zwei UEFA-Cup-Triumphe. Nur eines hat Vogts nicht erreicht. "Dass ich mit Borussia nie in München gewinnen konnte, wurmt mich heute noch", meinte Vogts.



Er war immer ein Kämpfer und blieb dabei fair. In 14 Profijahren als Verteidiger sah Vogts lediglich 14 Gelbe Karten und flog in einem Pflichtspiel nie vom Platz.

Große Visionen hatte Vogts, der in 96 Länderspielen nur einen Treffer per Flugkopfball beim 8:0-Erfolg gegen Malta in der EM-Qualifikation erzielte, als DFB-Nachwuchstrainer. Vogts blieb aber auch nach seiner Karriere seiner bescheidenen Rolle treu. Ob im Trainerstab von DFB-Teamchef Franz Beckenbauer oder später als Bundestrainer.

Mit den Medien hat sich Vogts, der in kleinem Kreis Humor entwickelt, lachen kann, Ironie offenbart, im Gegensatz zur Lichtgestalt Beckenbauer aber immer schwer getan. Beckenbauer erwies Vogts mit der Ankündigung nach dem WM-Titel 1990, dass die deutsche Mannschaft mit den DDR-Spielern auf Jahre unschlagbar sei, einen Bärendienst. Trotz der bitteren Niederlage im EM-Finale 1992 gegen Außenseiter Dänemark hat sich Vogts durchgekämpft und führte Deutschland 1996 in England zum bisher letzten EM-Titel.

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Zwei Jahre später war aber Schluss beim DFB. Kuwait, Schottland, Nigeria, Aserbaidschan und Klinsmann-Berater in den USA folgten als Stationen. Am Donnerstag (30. Dezember) vollendet Vogts sein 75. Lebensjahr.

(sid)

Ich kann mich an kein Spiel erinnern, beim dem so viele Spieler mit der Barriere vom Platz getragen wurden.

— Michael Lusch