Für den Independent on Sunday, eine dieser stolzen Sonntagszeitungen im stolzen England, war die Sache klar: "So einen Abschied hatte Wembley nicht verdient." Zu viel hatte das Stadion mit den Zwillingstürmen in seiner Geschichte erlebt: die Olympischen Spiele 1948, das WM-Finale 1966 mit dem legendären Tor, das keines war, oder das Live-Aid-Konzert 1985 gegen den Hunger in Afrika.
Doch dann kam Dietmar Hamann.
Die menschliche Abrissbirne. Die Boulevard-Zeitung News of the World taufte den Spieltag am 7. Oktober 2000 später
"Didi-Day" in Anlehnung an die Landung der Alliierten in der Normandie (D-Day). Mit Weltkriegsvergleichen haben sich die bunten Blätter auf der Insel noch nie zurückgehalten, vor allem dann nicht, wenn es gegen die "bloody Germans" geht - die verhassten Deutschen.
An jenem besagten "Didi-Day" also, einem ungemütlichen Herbsttag mit typisch englischem Schmuddelwetter, war alles angerichtet für einen stimmungsvollen Abschied von der "Kathedrale" des Fußballs
. Eine englische Mannschaft mit David Beckham, Paul Scholes und Michael Owen war klarer Favorit gegen die EM-Versager aus Deutschland mit ihrem Interims-Teamchef Rudi Völler.
Doch dann traf Hamann "mit der Abrissbirne", wie der Independent am Sonntag ernüchtert feststellte, zum 1:0-Sieg.
Ein direkter Freistoß aus 32 Metern mitten ins Herz des englischen Fußballs, ein "Donnerschlag" (Sunday People) im letzten Match im alten Wembley-Stadion.
16Dietmar Hamann
•Mittelfeld•Deutschland
Zum Profil
Person
Alter
50
Größe
1,92
Gewicht
82
Daten
Premier League
Spiele
156
Tore
4
Vorlagen
-
Drei Jahre später folgte der tatsächliche Abriss, sieben Jahre später die Eröffnung eines neuen Fußball-Tempels.
Und wieder waren es die Deutschen, die das nationale Heiligtum der Engländer entweihten. Nach einem 1:1 im ersten Länderspiel im neuen Wembley-Stadion gegen Brasilien verloren die stolzen Löwen gegen die DFB-Elf 1:2.
Immerhin eine Schmach blieb den Engländern erspart: Didi Hamann lag bei der Online-Abstimmung über den Namen der Fußgängerbrücke, die zum Stadion führt, in Führung - die Abrissbirne hätte sich für alle Zeiten in Wembley eingebrannt. Letztlich wurde die Brücke nach dem Polizeipferd Billy, das 1923 beim ersten FA-Cup-Finale im alten Wembley-Stadion besonders gute Arbeit geleistet hatte, "The
White Horse Bridge" genannt.
Deutschland
•Fifa-Weltrangliste: 13•Stand: 18.02.2021
England
•Fifa-Weltrangliste: 4•Stand: 18.02.2021