Nach Rettung folgt Umbruch: 1. FC Köln trennt sich von Heldt

von Marcel Breuer | dpa17:56 Uhr | 30.05.2021
Kölns Trainer Friedhelm Funkel (M.) bekam nach dem Klassenerhalt eine Bierdusche. Foto: Carmen Jaspersen/dpa
Der Party erfolgte Ernüchterung. Nur einen Tag nach dem befreienden Jubel über den Klassenverbleib des 1. FC Köln verging Horst Heldt die Freude.

Ungeachtet des furiosen 5:1 (4:1) im zweiten Relegationsspiel gegen Holstein Kiel wurde der Geschäftsführer vom Tabellen-16. der Fußball-Bundesliga nach übereinstimmenden Medienberichten freigestellt. Damit zog der FC die Konsequenz aus einer Zittersaison und plant ohne den eigentlich bis 2023 gebundenen Heldt den Neuaufbau.



Ganz unerwartet kam dieser Schritt trotz der Rettung nicht. Bereits vor dem mit 0:1 verlorenen Relegations-Hinspiel hatte Heldt Fragen über einen angeblich drohenden Rauswurf mit einem süffisanten Lächeln beantwortet. «Ich war nicht überrascht. Es würde mich überraschen, wenn mich beim 1. FC Köln noch was überraschen würde», sagte er.

Anders als bei Heldt hielt die Freude bei Trainer Friedhelm Funkel länger an. Den von einer Bierdusche verursachten unangenehmen Geruch in der Nase nahm der 67-Jährige gern in Kauf. Die Erleichterung, in der Saison-Verlängerung doch noch das Prädikat erstklassig behalten zu haben, war auch seinen Spielern anzumerken. «Es fällt unheimlich viel von einem ab. Wir haben bis zuletzt daran geglaubt, in der Liga zu bleiben», sagte Torwart Timo Horn.

Erst am letzten Spieltag hatten sich die Kölner durch das 1:0 gegen den FC Schalke 04 noch auf den Abstiegsrelegations-Platz 16 gerettet. Das 0:1 im Hinspiel in Köln nährte wieder Zweifel am Klassenverbleib. Das überzeugende 5:1 - auch dank des Doppelpacks des verletzungsgeplagten schwedischen Stürmers Sebastian Andersson - wischte diese Zweifel weg. «Irgendwie hat sich das durch die Saison gezogen: Immer wenn wir mit dem Rücken zur Wand standen, haben wir so Spiele abgeliefert wie heute», sagte der Kapitän und emotionale Leader Jonas Hector.

Funkel-Nachfolger steht schon fest



Retter Funkel wird wieder gehen. Er meldete sich am Sonntag in den Urlaub und ins Rentner-Dasein ab. Der Erfolg in Kiel war das Ende der knapp zweimonatigen Mission. «Diese sieben Wochen haben schon sehr, sehr viel Kraft gekostet, die ich aber gern investiert habe», sagte er. «Jetzt gehe ich in der Tat wieder zurück in meinen Ruhestand.»

Zurück lässt er einen Verein, der einiges ändern muss, um in der kommenden Saison nicht in eine ähnlich dramatische Lage wie in diesem Jahr zu geraten. Paragraf 3 des kölschen Grundgesetz «Et hätt noch immer jot jejange» muss nicht immer greifen. Auf Ebene der Verantwortlichen wurde bereits gehandelt. Sportchef Heldt muss gehen, sein Geschäftsführer-Kollege Alexander Wehrle wird mit dem VfB Stuttgart in Verbindung gebracht. Und der umstrittene Vorstand muss sich am 17. Juni den Mitgliedern stellen.

Im ehemaligen Paderborner Steffen Baumgart steht immerhin schon Funkels Nachfolger fest. Doch der Kader muss sich auch aus finanziellen Gründen noch aufstellen. Verkaufs-Kandidaten sind Abwehrchef Sebastiaan Bornauw, Mittelfeldspieler Ellyes Skhiri und U21-Nationalspieler Ismail Jakobs.

Die Leihspieler Marius Wolf (Borussia Dortmund) und Elvis Rexhbecaj (VfL Wolfsburg) werden wie Ex-Nationalspieler Max Meyer, Torwart Ron-Robert Zieler (Hannover 96) und der ablösefreie Salih Özcan wieder gehen. Zwar kommen einige verliehene Spieler zurück, ihre Chancen auf eine Weiterbeschäftigung sind aber gering.

Als Neuzugang steht Mittelfeldspieler Dejan Ljubicic von Rapid Wien fest, nach Medienberichten soll auch Torhüter Marvin Schwäbe von Bröndby Kopenhagen kommen. Darüber hinaus steht der Schalker Mark Uth offenbar vor einer Rückkehr zum FC.

Kieler Enttäuschung


Bei den Kielern steht womöglich ebenfalls ein Umbruch an. Denn ob die Sitzenbleiber der Herzen auch weiter mit Trainer Ole Werner planen können, ließ der 33-Jährige selbst offen. «Man wird sich in ein, zwei Tagen zusammensetzen, die Saison Revue passieren lassen, auch einen Ausblick geben, was der Verein in der nächsten Saison vorhat, was ich vorhabe», sagte er. Zu tief saß die Enttäuschung über das unglückliche Ende der besten Saison in der Vereinsgeschichte.

Schon an den letzten beiden Zweitliga-Spieltagen hatte Holstein durch zwei Niederlagen den zweiten Platz und damit den direkten Aufstieg verpasst. Nach dem Sieg in Köln kam nun die nächste Ernüchterung für die durch zwei Corona-Quarantänen und elf Spiele in etwas mehr als einem Monat gebeutelten Kieler. «Am Ende war es ein Wunder zu wenig», sagte Werner.

Der 34 Jahre ältere Funkel wünscht sich für die neue Saison die Rückkehr der Fans. Am Samstag waren im Holstein-Stadion schon knapp über 2300 Menschen. «Wenn 25 000 Zuschauer in Köln im Stadion sind, dann ist das schon geil», sagte Funkel. «Ich hoffe, dass ich dann eine Karte bekommen und auf der Tribüne zugucken kann.» Denn der Köln-Retter ist auch FC-Fan.

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(dpa)

Das ist die große Aufgabe, das geht über 1:0 hinaus.

— DFB-Präsident Egidius Braun zum Thema ,,Völkerverständigung".