Altes Lied im neuen Jahr

Auch in 2006 konnten die Verfolger den FC Chelsea nicht gefährden. Im Gegensatz zum Spitzenreiter hatten die restlichen Teams aus dem oberen Tabellendrittel nahezu ausnahmslos Punktverluste zu verzeichnen. Nur Tottenham bestätigte den starken Eindruck aus dem vergangen Jahr. Im Tabellenkeller gelangen Aston Villa, Fulham und Everton spürbare Befreiungsschläge. Birmingham stellte den Kontakt zu den Nicht-Abstiegsrängen her.

Mit einem souveränen 3:1 bei West Ham United setzte der FC Chelsea den Weg in Richtung Titelverteidigung auch im neuen Kalenderjahr fort. Vom Anpfiff weg gaben die Blues im Upton Park klar den Ton an. Frank Lampard, der vor gut vier Jahren von den Hammers für 11 Millionen Pfund an die Stamford Bridge gewechselt war, brachte den Meister nach einer missglückten Kopfballabwehr von Benayoun mit einer sehenswerten Volleyabnahme in Front (24.). Der Treffer unterstrich die Überlegenheit der Gäste, die auch in der Folgezeit das Geschehen deutlich kontrollierten. Doch nur Sekunden nach dem Wechsel ermöglichte ein kapitaler Bock von Terry den Hausherren den schmeichelhaften Ausgleich durch Harewood (46.). Dies änderte jedoch nichts an den weiterhin klar verteilten Kräfteverhältnissen. Zusätzlich bewies Mourinho mit der Einwechslung von Crespo für Duff ein glückliches Händchen, denn der Argentinier benötigte bis zum 2:1 lediglich 43 Sekunden. Die Entscheidung gegen einen chancenlosen Aufsteiger besorgte Drogba zehn Minuten vor dem Ende, als er einen Traumpass von Gudjohnsen humorlos einnetzte.

Neben dem eigenen Auswärtserfolg durfte sich Chelsea auch beim torlosen Verfolgerduell in Highbury als heimlicher Sieger fühlen. In einer hart umkämpften Partie standen sich dort die alten Rivalen FC Arsenal und Manchester United gegenüber. Die Gunners hatten in der ersten Halbzeit die Mehrzahl an guten Möglichkeiten, während die Red Devils erst in der zweiten Spielhälfte den besseren Eindruck hinterließen. Über weite Strecken der Partie war deutlich zu spüren, dass beiden Teams seit den Abgängen von Roy Keane und Patrick Vieira nicht nur der Kopf fehlt. Es mangelte schlicht an der nötigen Klasse, um in das Rennen um die Meisterschaft noch ernsthaft eingreifen zu können.

Auch der FC Liverpool musste sich nach zehn Siegen mit einem Remis begnügen. Bei den Bolton Wanderers reichte es dank des späten Ausgleichs von Garcia (82.) am Ende wenigstens noch zu einem 2:2. Bei den seit 13 Heimspielen ungeschlagenen Trotters überzeugte vor allem der Ex-Reds-Akteur El-Hadji Diouf, der mit seinen ehemaligen Kameraden offensichtlich noch eine Rechnung offen hatte. Der Senegalese krönte seine starke Leistung mit dem Treffer zum 2:1 (71.). Gerrard hatte kurz zuvor vom Punkt den Ausgleich besorgt (67.). Jaidi brachte die Gastgeber nach einem schweren Fehler von Torhüter Reine frühzeitig in Front (10.). Diesem Rückstand rannte die kurzzeitig geschockte Benitez-Elf lange Zeit hinterher, ehe sich in der Schlussphase die Ereignisse überschlugen.

Die Punktverluste in der erweiterten Spitzengruppe nutzte Tottenham Hotspur, um sich mit einem 2:0 bei Manchester City den Champions League-Rängen zu nähern. In einer ganz schwachen ersten Halbzeit strahlte zunächst nur das Flutlicht, ehe ein haarsträubender Fehler von Distin den Spurs das erste Tor durch Mido bescherte (31.). Der Franzose verschätzte sich beim Versuch, den Ball über die Torauslinie rollen zu lassen und wurde vom heranstürmenden Lennon noch überrascht, der schließlich mustergültig für den Ägypter auflegte. Im Verlauf der zweiten Halbzeit nahm die Partie langsam Fahrt auf, ohne dass vor beiden Gehäusen ernsthafte Gefahr entstand. Erst in der Schlussphase hatte Wright-Phillips die beste Gelegenheit der Citizens, zog die Kugel jedoch knapp am Pfosten vorbei. Den anschließenden Abschlag verlängerte Mido in den Lauf von Keane, der mit einem trockenen Schuss von der Strafraumgrenze für klare Verhältnisse sorgte (83.). Das Team von Stuart Pearce blieb durch die Niederlage auf dem Sinkflug Richtung Niemandsland der Tabelle.

Einen herben Dämpfer im Kampf um das internationale Geschäft musste Wigan Athletic mit dem 0:2 bei Birmingham City verkraften. Tore von Jermaine Pennant (20.) und Mario Melchiot (33.) bescherten dem Vorletzten einen verdienten Dreier im heimischen St. Andrews. Eine Gegenwehr der Latics war zu keinem Zeitpunkt spürbar. In dieser Form war das Mittelfeld für den Neuling nicht mehr weit. Ganz im Gegensatz zu den Blackburn Rovers die beim 2:1 gegen den FC Portsmouth bereits den dritten Sieg in Serie verbuchten und sich dem fünften Platz bis auf vier Punkte näherten. Die Pompeys kassierten eine weitere Pleite in der Fremde, obwohl der Start im Ewood Park nicht besser hätte ausfallen können. Bereits in der dritten Minute versenkte Taylor einen Freistoß aus gut 20 Metern zur frühen Führung für das Redknapp-Team. Doch der prompte Ausgleich von Pedersen folgte ebenfalls schon in der Anfangsphase (9.). Im weiteren Verlauf des ersten Durchgangs waren die Rovers überlegen, während Portsmouth nur noch Gelbe Karten sammelte. Dickov gelang bereits vor der Pause per Kopf der spielentscheidende Erfolg (39.). Die Gäste kamen erst in der Schlussphase besser ins Spiel, vermochten aber die knappe Niederlage nicht mehr zu verhindern und bleiben damit Drittletzter.

Den Anschluss ans gesicherte Mittelfeld schaffte Aston Villa mit einem 2:1 bei West Bromwich Albion. Baggies-Akteur Watson wurde innerhalb von 180 Sekunden zum entscheidenden Spieler der Partie. Nach dem 0:1 von Davis (47.) war der Neuzugang aus Everton zunächst für den Ausgleich verantwortlich (76.). Doch nur kurze Zeit später blockte er mit seinem ausgestreckten Arm einen Freistoß von Barry im Strafraum, so dass der Schiedsrichter folgerichtig auf den Punkt zeigte. Bei der Ausführung zeigte sich dann Baros gewohnt sicher (80.), der damit seinen Farben, nach einer starken Woche zwischen den Jahren, auch einen positiven Start in 2006 verschaffte. Die Albions mussten dagegen auf dem ersten Nicht-Abstiegsplatz weiter um den Verbleib in der Premier League zittern.

Im Abstiegskampf verschafften sich der FC Fulham und der FC Everton mit wichtigen Siegen etwas Luft. Die Mannen von Chris Coleman vermieden durch einen Doppelpack von Collins John (43., 61.) eine peinliche Niederlage gegen Schlusslicht FC Sunderland und behielten letztlich mit 2:1 knapp die Oberhand. Die Black Cats gingen bereits in der siebten Minute durch Lawrence in Front, münzten diesen Vorteil jedoch nicht in etwas Zählbares um. In der Statistik des Tabellenletzten war anschließend nur noch eine Rote Karte zu verzeichnen. Weitaus glanzvoller als die Cottagers verbuchten die Toffees beim 3:1 gegen Charlton Athletic ihr Erfolgserlebnis. Nach dem Führungstor von Beattie (9.) traf Holland für die Addicks zum zwischenzeitlichen Remis, ehe der Australier Tim Cahill bei seinen beiden Toren Köpfchen bewies (41., 59.). Charlton enttäuschte über weite Strecken und muss den Blick in der Tabelle weiterhin nach unten richten.

Gleiches galt für Newcastle United und den FC Middlesbrough, die mit dem 2:2 im direkten Duell einen Befreiungsschlag im Tabellenkeller verpassten. Beide Mannschaften traten nach einer enttäuschenden Woche zwischen den Jahren stark ersatzgeschwächt im St. James Park an. Die Magpies ließen nach einem sehenswerten Freistoßtor von Solano (27.) eine Reihe guter Möglichkeiten zur Vorentscheidung aus. So kamen die Boros zunächst zum Ausgleich durch Yakubu (53.), dem Hasselbaink bei einem eiskalten Konter kurz vor dem Ende das 1:2 folgen ließ (87.). Den Endstand in einem dramatischen Ostküsten-Derby markierte Clark in der Schlussminute, der damit seinem Trainer Graeme Souness vorerst den Job rettete.

Kai Endres